Konzert: Die selbsternannten Könige des toten Jazz

Die Band Soil &„Pimp“ Sessions gestaltet einen großartigen Abend im Savoy Theater.

Düsseldorf. Verschwitzt und laut, das sind zwei wichtige Eckpunkte eines Konzerts, dem man das Prädikat "großartig" umhängen möchte. Als durchaus gegeben darf man dies beim Konzert der aus Japan stammenden Soil & "Pimp" Sessions abhaken, den selbst ernannten Königen des "Death Jazz".

Ob es nur am sperrigen Bandnamen oder an der noch ausbaufähigen Popularität des Death Jazz in Europa liegt, die sechs Musiker aus Tokio blicken in einen nur halb besetzten Zuschauerraum des Savoy Theaters.

Was aber tut man als gewiefter professioneller Bühnenarbeiter in so einer Situation? Man hält dem halbvollen Raum schlicht doppelte Spielfreude entgegen. Dies scheint für die Japaner keinerlei Problem darzustellen, offenbar ist es eine Charakteristik des von ihnen erfundenen Death Jazz, alle Zutaten großzügig bis verschwenderisch einzusetzen.

Sie stellen mit offenkundigem Spaß eine schrill-bunte Melange an stereotyper Musikerausstattung der letzten 30 Jahre Popgeschichte zur Schau. Optisch erinnern Akita Goldmann (Kontrabass), Josei (Klavier), Midorin (Schlagzeug), Motoharu (Saxofon), Tabu Zombie (Trompete) und Shacho ("Agitator") mit Requisiten wie Cowboyhut, tailliertem schwarzem Anzug und weit aufgeknöpftem Elvis-Glitzerhemd an die 70er-Jahre-Südstaatenrocker von Lynyrd Skynyrd genauso wie an die P-Funk Legenden Parliament mit quietschbunten Schuhen, Schlabberhosen und Leopardenfellmütze.

Dazu sehen wir noch lustige Effektgeräte und ein Megafon bereitstehen, was nach einem vielversprechenden Abend aussieht. Eine der größeren Überraschungen ist dann aber, dass es sich bei Soil & "Pimp" Sessions überwiegend um Instrumentalmusik handelt, einer Jazzform, von der Frank Zappa einst sagte, sie sei zwar nicht tot, rieche aber schon komisch.

Im Kern vom klassischen Jazztrio (Klavier, Bass, Schlagzeug) angetrieben, solieren und improvisieren die beiden hyperventilierenden Motoharu und Tabu Zombie über die kurzen ostinaten Akkordpatterns von Josei. Die schnellen Riffs, die daraus entstehen, leben ihre Liebe zum 6/8-Takt meist ungehemmt aus, wenn nicht der hyperaktive Midorin am Schlagzeug immer neue Synkopen-Wellen darüber hinwegrollen ließe.

Wie schweißtreibend die Soil & "Pimp" Sessions agieren, illustriert auch, dass Tabu Zombie zwischen den Songs zu einem bereitstehenden Sauerstoff-Inhalator im 1-Liter-Format greift. Der einzige Mann ohne Instrument, der in schwarz gekleidete Shacho, steht dazu mit seiner übergroßen Sonnenbrille zwar am Mikrofon, beschränkt sich aber zunächst nur auf eine Präsentation mittlerer bis großer Gesten. Er dirigiert ein bisschen, stachelt ein wenig an oder hält die Arme weit ausgebreitet. Kurz gesagt, er steht cool herum.

Das muss man inmitten dieser Musik erstmal zwei Stunden lang glaubhaft hinbekommen! Erst zum Finale greift er sich sein Megafon und skandiert zu einem schweren Rhythmus "Music has no borders" - "Die Musik hat keine Grenzen." Das ist natürlich ein bisschen platt, macht aber großen Spaß. Frank Zappas Ausspruch zum Trotz wünscht man diesem "Death Jazz" gerne ein sehr langes Leben.

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