Theater Komödie Düsseldorf: Weg vom Mythos Marlene Dietrich

Düsseldorf · Schauspielerin Kerstin Marie Mäkelburg spielt die Mutter aller Femme fatales als Figur mit Brüchen.

 Auch ein Bild, das ins kollektive Gedächtnis eingegangen ist: Mäkelburg alias Marlene mit Frack, Zylinder und Zigarette.

Auch ein Bild, das ins kollektive Gedächtnis eingegangen ist: Mäkelburg alias Marlene mit Frack, Zylinder und Zigarette.

Foto: Schmidt-Theater Hamburg

Hollywood-Diva, legendäre Sängerin mit rauchig-erotischer Stimme, Mode-Ikone, Sex-Symbol, politische Aktivistin – Marlene Dietrich (1901 – 1992) fasziniert bis heute. Davon zeugt nicht nur der neue Roman „Im Licht der Zeit“ über den Film-Klassiker „Der blaue Engel“ von Edgar Rai. Die Schauspielerin Kerstin Marie Mäkelburg (54) kreierte bereits 1996 einen Solo-Abend zu Marlene Dietrich im Hamburger Schmidt Theater – seinerzeit noch eng an die Star-Figur gelehnt. Dann ließ sie das Stück über 20 Jahre liegen und konzipierte es neu – mittlerweile hat sich Mäkelburg von Marlene Dietrich emanzipiert und interpretiert sie aus ihrer Sicht. Seit 2017 tourt sie mit ihrem Programm „Mythos Marlene“ durch Deutschland. Nun kommt sie in die Komödie. Ein WZ-Gespräch über Marlene Dietrich als Kult-Figur, irritierende Aussagen der Femme fatale und Diven im Selfie-Zeitalter.

 Schauspielerin Kerstin Marie Mäkelburg spielt mit den Looks von Marlene Dietrich: Hier mimt sie die Diva im weißen, bodenlangen Nerzmantel.

Schauspielerin Kerstin Marie Mäkelburg spielt mit den Looks von Marlene Dietrich: Hier mimt sie die Diva im weißen, bodenlangen Nerzmantel.

Foto: Schmidt-Theater Hamburg

Frau Mäkelburg, was hat Sie gereizt, in die Rolle der ersten Femme fatale der Filmgeschichte zu schlüpfen?

Mäkelburg: Also ich bin da quasi reingedrängt worden. Ich habe vor mehr als 20 Jahren am Schmidt Theater in Hamburg in einer Revue über Edith Piaf mitgewirkt – und Marlene Dietrich ist ja auch eine Weggefährtin von Piaf gewesen. An jenem Abend habe ich viele kleine Rolle gespielt, meine größte Rolle war aber die der Marlene. Man hatte mich damals damit besetzt, weil ich groß bin – wobei die Dietrich war gar nicht groß war –, schlank, eine tiefe Stimme habe und vielleicht ein bisschen was Divenhaftes im positiven Sinne, also etwas Preußenhaftes im Spiel (lacht). Danach sind viele Menschen auf mich zugekommen und meinten: Zu Marlene musst du mal einen eigenen Abend machen. So ist diese Produktion am Schmidt Theater entstanden. Premiere war 1996. Sie hieß früher „Alles Quatsch – ein Abend mit Marlene Dietrich“.

Wie haben Sie sich die Rolle der Dietrich angeeignet?

Mäkelburg: Ich weiß noch, wie ich mich darauf vorbereitet habe. Da habe ich das Buch „Meine Mutter Marlene“ von Maria Riva gelesen und zwischenzeitlich immer zu meinem Freund gesagt: „Ich kann sie nicht spielen. Die Marlene ist mir ganz unsympathisch.“ Ich habe das Buch weitergelesen, irgendwann war Marlene Dietrich gestorben – da habe ich dann ganz bitterlich geweint und gemerkt, welchen Eindruck sie bei mir hinterlassen hat. Ich konnte nicht begreifen, dass so jemand stirbt. Von da an war ich infiziert.

Ihr Solo-Abend nennt sich „Mythos Marlene“. Wie wurde Marlene Dietrich zum Mythos?

Mäkelburg: Sie ist eine sehr mutige Frau gewesen zu der damaligen Zeit. Sie hat nicht nur gesungen und geschauspielert, sondern sich politisch und sozial engagiert. Marlene hat gegen die Nazis gekämpft und für US-amerikanische Truppen nahe der Front gesungen, sie hat während des Krieges von Paris aus emigirierte Künstler finanziell unterstützt, sie hat Mode geprägt und sie hat in ihren letzten Jahren in Paris von ihrem Bett aus etwas Mystisches um sich herum geschaffen – man kommt an dieser Person nicht vorbei.

Wie bringen Sie die Lieder und Geschichten von Marlene Dietrich auf die Bühne?

Mäkelburg: Wir rollen das Stück autobiografisch auf. Es beginnt in Berlin, wo sie auf Bühnen und in Filmen spielt, dann geht sie nach Hollywood, sie macht US-amerikanische Truppenbetreuung oder hat mit ihrer großen Liebe Jean Gabin in Frankreich Filme gedreht. Wir haben Situationen aus ihrem Leben genommen und sie in eine Szene verpackt. Ich beginne mit dem Tod. Der erste Satz des Abends lautet: „Könnt Ihr Euch den Rummel vorstellen, als ich tot war?“ Marlene steigt aus dem Grab und schaut nochmal auf ihr Leben. Das ist auch ihr Humor – also sich selber nicht so ernst zu nehmen.

Das heißt, es wird nicht nur unterhaltsam, sondern auch nachdenklich und ernst zugehen?

Mäkelburg: Ja, schon! Ich erzähle von Marlenes Leben, was ihr passiert ist, wie sie dazu steht – und das ist nicht alles witzig gewesen. Auch die Zeit nicht, in der sie gelebt hat: Die Nazis, dass sie nach Amerika gegangen ist, die Filmdrehs, der Alkohol. Es ist keine Komödie, aber auch kein Drama, es ist Musiktheater. Und ich lasse Marlene auch böse Sätze sagen, etwa über Homosexuelle. Da bleibt einem das Lachen im Hals stecken, zumal sie ja auch als Ikone der schwule Community gilt.

Was wäre so ein böser Satz?

Mäkelburg: Als sie zum Beispiel über Sexualität redet, sagt sie: „Am schönsten war es mit den Homosexuellen. Ich hab nichts gegen Homosexuelle, es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass sie sich nicht vermehren können.“

Die persönlichen Geschichten verbinden Sie mit Liedern, die Sie – mit Markus Schell am Piano – präsentieren. Dominieren die Songs oder die Geschichten? Oder sind beide Genres gleichberechtigt?

Mäkelburg: Wir spielen 21 Songs und binden sie in die Geschichten ein. Wenn ich zum Beispiel über den Film „Der blaue Engel“ erzähle, dann singe ich „Lola“, wenn ich über die Kriegszeit berichte, singe ich „Sag mir, wo die Blumen sind“. Die Songs erzählen die Geschichte weiter. 50 Prozent sind Schauspiel, 50 Prozent Gesang.

Marlene Dietrich war ja auch eine Stil-Ikone – sie hat Looks geprägt, die bis heute in unserem kollektiven Gedächtnis sind, etwa ihre Auftritte in Frack, Zylinder und Zigarette oder in weißem, bodenlangen Nerzmantel. Spielt Marlene als Revolutionärin der Modewelt auch eine Rolle?

Mäkelburg: Ich habe den Frack, mit dem sie weltbekannt geworden ist. Ich habe auch diesen weißen Schwanenfeder-Mantel, ebenso das Kleid, in das sie hineingenäht worden ist und ein Reisekostüm aus den 1940er Jahren – eine Mode-Schau wird es aber nicht.

Gibt es heute noch vergleichbare Diven wie Marlene Dietrich?

Mäkelburg: Madonna müsste man nennen. Aber heute wird es gar nicht mehr zugelassen, dass sich eine Ikone bildet. In unserer schnelllebigen Selfie-Gesellschaft versucht ja jeder über YouTube, Facebook oder Instagram selbst ein Star zu werden.

 „Mythos Marlene“ in der Komödie an der Steinstraße 23, vom 13.-17. August um 19.30 Uhr, am 18. August am 18 Uhr. Karten telefonisch unter 13 37 07 oder 32 51 51, via Mail unter: [email protected]. Mehr Infos im Netz unter:

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