Kollegah & Farid Bang: Jung, brutal und verdammt erfolgreich

Gangsta-Rap aus Düsseldorf sorgt derzeit für Furore. Er ist ebenso schmutzig wie geistreich.

Düsseldorf. Gangsta-Rap muss aus der Bronx oder wenigstens aus Berlin kommen? Und um mit einer Platte auf Platz eins in den Charts zu landen, braucht man TV-Auftritte, Einspielungen im Radio und einen riesigen Werbeetat? Zwei Vorurteile aus der Musikwelt, die ein kleines Düsseldorfer Label in dieser Woche widerlegt hat.

Bei Selfmade Records in einem unauffälligen Wohnhaus in Bahnhofsnähe ist das Album „Jung, brutal, gutaussehend 2“ der Rapper Farid Bang und Kollegah entstanden. Wie die WZ berichtete, schoss es aus dem Stand an die Spitze der Album-Charts. Mit 80 000 Exemplaren die meistverkaufte Hip-Hop-Platte seit Jahren.

Allein die Single „Dynamit“ wäre im Radio und zensiert wohl als ein einziger langer Piepton zu hören — wurde im Internet aber rekordverdächtig geklickt. Jetzt schaffte das Album den Traumstart, von dem selbst Medienlieblinge der Szene wie Cro nur träumen können.

Jetzt rufen sie alle bei dem Chef des Düsseldorfer Plattenlabels, Elvir Omerbegovic, an. Sogar ins öffentlich-rechtliche Fernsehen kommen seine „Proll-Rapper“, wie sie beim Boulevard schon heißen. „Es ist crazy“, sagt der 33-Jährige. Die Faszination der Masse ist für ihn aber kein Buch mit sieben Siegeln: „Wenn du in einer Sporthalle bist, in einer Ecke wird Fußball und Tennis gespielt, in der anderen wird sich geprügelt, es gibt Sex — was glaubst du, wo die Leute hingucken?“

Aber: Es müsse gut gemacht sein. Kollegah gilt als der schnellste Rapper Deutschlands, ist technisch grandios. Und er verpackt viel Asoziales in durchaus große Worte, lässt sogar hochkulturelles Interesse durchblitzen. Reime wie „Mozart, Beethoven, alles cool, yeah. Nur Haydn mag ich nicht, wie strenggläubige Christen“ sind im Gangsta-Rap gemeinhin nicht an der Tagesordnung.

Auch wenn Düsseldorf nicht unbedingt als Ghettostadt bekannt ist, besitzt das Album in den Augen von Omerbegovic Authentizität. Farid Bang war in seiner Jugend ein Kleinkrimineller. Kollegah geriet wegen Drogen in Konflikt mit dem Gesetz. „Umso lustiger, dass er heute Jura studiert“, verrät der Labelchef.

Das ist das Prinzip der Selfmade-Rapper: Klischees werden aufgegriffen, durchgezogen, überzeichnet — aber auch wieder gebrochen. Was er denn so treibe, wenn er nicht „Jung, brutal, gutaussehend“ mache, fragen wir Farid Bang? Die Antwort: „Dann bin ich es!“ Und dann fügt er hinzu: „Und ich spiele Volleyball, Tischtennis und lese in meinem Kinderzimmer Harry Potter.“ Außerdem sei er vom „Traumstart“ seiner Platte enttäuscht: „Es hätten 200 000 werden müssen“, sagt der 26-Jährige.

Die Käufer mögen bitte nochmals in sich gehen — und dann in den Laden. Wer ihn zu ernst nimmt, der ist selbst schuld. Deutscher Gangsta-Rap hat auch immer etwas mit Humor zu tun. Aber dass Farid Bangs Forderung erfüllt wird und das Album schon bald Edelmetall-Status erreicht, davon ist in der Tat auszugehen.

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