Theater Uraufführung von „Ein Sommer in Sommerby“ im Jungen Schauspielhaus Düsseldorf

Düsseldorf · Eine zweigeteilte Inszenierung: Die Kinder hören das Hörspiel und die Schauspieler spielen dazu das Gewitter.

 Eine turbulente Eier-Suche spielt das Junge Schauspiel in der Uraufführung „Sommer in Sommerby“ in der Münsterstraße 446.

Eine turbulente Eier-Suche spielt das Junge Schauspiel in der Uraufführung „Sommer in Sommerby“ in der Münsterstraße 446.

Foto: David Baltzer

Kirsten Boie (69) ist eine der erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Über hundert Bücher hat sie verfasst, die vielfach übersetzt oder verfilmt wurden. Verständlich, dass auch das Junge Schauspiel am Erfolg teilnehmen möchte. 2018 erschien ihr Buch „Ein Sommer in Sommerby“, eine humorige, gut charakterisierende Geschichte von der Oma und ihren Enkeln Martha, Mats und Mikkel. Chefdramaturg Robert Koall hat für die Uraufführung in Abstimmung mit der Autorin eine Hörspielfassung erzeugt. Sie ertönt nun im Kassettenrekorder auf der Bühne, während die Schauspieler das theatralische Beiwerk liefern, mit viel Akrobatik, Musik und Slapsticks.

Enes ist ein ganz patenter Kerl und rettet alle aus dem Sturm

Zum Inhalt nur so viel: Oma wohnt auf einer Landzunge irgendwo an der Ostsee. Weil die Mutter im Krankenhaus liegt, werden die Enkel zu ihr gebracht und wundern sich über ihre Schrullen. Natürlich stellt sich heraus, dass sie eine ganz patente Frau ist und von Turbo-Eltern nichts hält. Die Enkel müssen anpacken und selbst Verantwortung übernehmen.

Das kann beinahe schiefgehen, als sie im Boot bei Donner und Blitz in den Wellen unterzugehen drohen, wäre nicht Enes, der von allen Figuren im Stück am besten mit Motorbooten umgehen kann und die kleine Dreiergruppe rettet. Er kann sogar Oma vom lästigen Makler befreien, der partout ihr Häuschen kaufen möchte.

Ron Iyamu ist als Enes der Pfundskerl auf der Bühne. Er kann singen, tanzen, sprechen. Verständlich, dass die Martha (Marie Jensen) in ihn verliebt ist. Er macht selbst aus Blödeleien mit Styroporeiern und Schaumstoffrohren zirkusreife Nummern, auch wenn dies eigentlich überflüssig ist. Am besten wirkt er mitsamt dem Ensemble, wenn es wirklich spannend auf dieser recht dunklen, sparsam ausstaffierten Bühne von Marie Gimpel wird.

In dieser Szene in der Mitte der Aufführung gelingt es der Regisseurin Juliane Kann im Verbund mit der Ausstatterin, die Dramatik der Kinder in den hohen Wellen perfekt darzustellen, mit nichts als transparenter Plastikfolie. Die wird an den vier Ecken von den Spielern angefasst und so suggestiv über die Köpfe hinweg geschlagen, dass die Wellen greifbar nahe sind, während das Rascheln der Folie für den Sturm herhalten muss. Und dann brüllt der Enes die Martha zu Recht an, denn die taugt als Smartphone-Fan kaum für die große Überfahrt beim riskanten Wetter.

Eine weitere Allzweckwaffe auf der Bühne ist Jonathan Gyles, der nicht nur den coolen Mats mit den treffenden Bemerkungen gibt, sondern auch mit Gitarre und Trommel hinterm Kunststoff-Schilf für den nötigen musikalischen Sound sorgt. Wäre noch Natalie Hanslik zu nennen, die als fiese Maklerin nicht etwa das Schreckgespenst abgibt, sondern gleich mehrere gymnastische Meisterleistungen bietet, wenn sie die Luft durchschneidet, um sich anzuschleichen.

Nun lässt die Regisseurin nicht etwa Kirsten Boies Stück in einer theatralischen Fassung aufführen, sondern sie splittet die Inszenierung. Einerseits agieren die sieben Akteure auf der Bühne, als müssten sie den Kindern Schau-Effekte präsentieren, aber andererseits steht der Kassettenrekorder in der Mitte. Sobald er angeschaltet wird, ertönen die Stimmen der Schauspieler im Hörspiel.

„Kinder sind Hörspiele gewöhnt. Sie kennen sie aus ihrer eigenen Welt. Sie wissen, dass man etwas hören und dabei zugleich etwas Anderes sehen kann“, sagt Dramaturg David Benjamin Brückel. Ob ein Sechsjähriger es tatsächlich schafft, diese beiden Ebenen zu verknüpfen und die jeweiligen Stimmen den Schauspielern zuzuordnen, sei dahingestellt. Ist so viel Konzentration überhaupt notwendig, wo es doch die Bühne gibt? Muss das mimische und gestische Geschehen im Live-Spiel aufgepäppelt werden, damit die Kinder lachen?

Info: Junges Schauspiel, Münsterstraße 446. Für Kinder ab 6 Jahren. Die nächste Aufführung ist am Mittwoch um 10 Uhr

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort