Düsseldorfer Schauspielhaus : Künstliche Intelligenz beeinflusst Bühnen-Geschehen
Düsseldorf Künstliche Intelligenz – kurz KI genannt – jetzt auch noch auf und hinter der Theaterbühne? Haben ‚Alexa‘ oder ‚Siri‘ also demnächst auch am Regie-Pult das Sagen? Martin Grünheit und die digitale Bürgerbühne arbeiten jedenfalls derzeit daran, ein kleines Echo-Gerät zu entwickeln, das im Herbst im Schauspielhaus zum Einsatz kommen soll.
„Regie: KI“ nennen sie das Projekt, das voraussichtlich im Dezember am Gustaf-Gründgens-Platz erstmals über die Bretter gehen wird. Kurz gesagt: Live Theater mit digitaler Technik erwartet das Publikum, so der freischaffende Regisseur Grünheit.
Er erklärt: „Dazu schaffen wir eine neuartige Versuchsanordnung. Wir fragen: Was passiert, wenn eine künstliche Intelligenz anstelle eines Menschen die Rolle der Regie in einem Theaterstück übernimmt?“ Genauer: Hat die kleine Box nach langen Proben-Monaten so viel Grips, um eine - für uns Zuschauer verständliche - Handlung mit rotem Faden auf die Bühne zu bringen? Beworben hatten sich im Frühjahr, so berichtet Grünheit, 40 Interessenten als Teilnehmer. Zehn von ihnen wählten er und sein Bürgerbühnen-Team als Darsteller aus.
Ausgangspunkt für das Theaterprojekt ‚Mensch und Maschine‘ ist die Tatsache, dass wir jeden Tag den sozialen Netzwerken durch unsere Smartphone-Nutzung zahlreiche Informationen zur Verfügung stellen. Tausende von Algorithmen stellen Grünheit und sein Team (während der Proben) ebenfalls zur Verfügung – aufgenommen werden sie von einer Kamera, die mit dem Regie-Computer verbunden ist. Die Darsteller der digitalen Bürgerbühne trainieren Szenen und Rollenspiele, z. B. ‚Wie stellt Ihr Liebe auf der Bühne dar?‘ Mit den Schauspielern proben wir dann verschiedene Spielweisen.
Im zweiten Schritt bittet die KI-Box die Schauspieler, Liebe darzustellen. Die KI kritisiert und korrigiert also die Schauspieler, sie kommunizieren mit der Maschine. So erhalten sie z.B. die Korrektur „Du bist gerade erst bei 80 Prozent.“ Die KI schickt solche Aufforderungen derzeit an die zehn Darsteller, die zu Hause vor ihrem PC trainieren. Mitte August, nach den Theaterferien, treffen sie sich zu Live-Proben und, so Grünheit, spielen die Szenen vermutlich so, wie sie von der KI mit Hilfe des heimischen Computers trainiert wurden. Spannend dürfte sein, wie die KI-Maschine mit Gefühlen – wie Liebe, Leidenschaft und Trauer - und subjektiven Empfindungen wie Langeweile umgeht. Und ob die KI es schafft, eine echte Theater-Atmosphäre aufzubauen.
Der Theaterabend im Dezember soll dann vergleichbar mit einer Laborsituation sein. Das heißt, auch der Zuschauer kann sich der KI stellen. Zumindest zehn Zuschauer-Plätze hat die Computer-Kamera in direktem Blick. Es müssen Zuschauer sein, die sich vorher bereit erklärt haben, das, was sie an dem Abend erleben und empfinden, der KI-Box mitzuteilen.