Keine Angst vor Shakespeare

„Romeo und Julia“ als rasante und junge Tragikomödie im Schauspielhaus.

Düsseldorf. Vor diesem Shakespeare brauchen sich die Schüler nicht zu fürchten: Keine langen Monologe halten die Handlung auf, keine komplizierten Gefühlsverirrungen oder tiefgründigen Deutungen stören das Amüsement. In der neuen Inszenierung von Michael Talke kommt "Romeo und Julia" als rasante Actionkomödie und schwungvolles Teenie-Musical daher.

Drei schwarze Autos italienischer Herkunft stehen auf der Bühne (Hugo Gretler), ringsum eingefasst von Holzwänden, die eine Kampfarena andeuten. In der Mitte führt eine Treppe zu einem Balkon, der zugleich Projektionsfläche ist.

Die berühmte Szene, in der Julia ihren Romeo nach der ersten Liebesnacht nicht loslassen will ("Es war die Nachtigall und nicht die Lerche..."), wird dort als Film gezeigt, während Viola Pobitschka und Milian Zerzawy sich von einem Autodach aus selbst zusehen. Das mag eine Anspielung auf den Narzissmus der Generation sein. Romeo richtet ja auch die Videokamera auf sich, bevor er Verse über die Liebe stammelt. Aber es passt zur Berührungsangst vor großen Gefühlen, die in dieser Aufführung auffällt.

Schon bei der ersten Turtelei des Liebespaares wird Gefühl in Bewegung übersetzt: Viola-Julia rennt auf dem Balkon hin und her, während Milian-Romeo an der Holzwand hinauf- und hinunterklettert. Das ist alles erfrischend und gut gespielt, die Kampfszenen zwischen den verfeindeten Familien Capulet und Montague sind originell (gefochten wird unter anderem mit Autoantennen), die Grufties auf dem Fest der Capulets sehr dekorativ. Aber Skelette auf schwarzen T-Shirts bringen noch keine Todessehnsucht über die Rampe, eine Projektion von tanzenden bunten Schmetterlingen keine tiefe Leidenschaft, und der Mafia-Slapstick erzählt wenig über die Gewaltstrukturen von Verona.

"Bloß keine Tiefgründelei" schien das Motto der Regie zu sein, in der auch die Hochzeit bei Pater Lorenzo (Michael Schütz) zum Jux wird und Karin Pfammatter als hinreißend komische Amme ins Zentrum rückt. Dass "Romeo und Julia" eine Tragödie ist, kann zum tödlichen Ende nicht verdrängt werden, wird aber durch kräftige Striche im Text rasch über die Bühne gebracht. Jubel beim jungen Teil des Premierenpublikums.

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