Kabarett Kabaretts widmen sich Rechtsruck

Düsseldorf · Diese Woche gibt es zwei kabarettistische Jahresrückblicke: im Kom(m)ödchen und im Zakk.

 Kabarettistin Anny Hartmann betrachtet den Rechtsruck als besorgniserregndste Tendenz in Deutschland.

Kabarettistin Anny Hartmann betrachtet den Rechtsruck als besorgniserregndste Tendenz in Deutschland.

Foto: Wolfgang Michel

Gleich zwei kabarettistische Jahresrückblicke finden in dieser Woche in Düsseldorf statt. Den einen liefern Frank Küster und Gernot Voltz am 9. Januar unter dem Titel „Die Knaller des Jahres 2018“, den anderen präsentiert Anny Hartmann am 13. Januar im Zakk unter dem Motto „Schwamm drüber?“

Küster und der Bonner Kabarettisten Gernot Voltz werden ein Spiel zelebrieren: Voltz wird in die Rolle des Kult-Finanzbeamten Herrn Heuser schlüpfen, der sich Küster an die Fersen heftet: „Er behauptet, ich hätte versucht, die aufwendigen Kosmetikartikel meiner Frau als Fassadendämmung abzusetzen und hat mich dadurch in der Hand“, so Küster.

Das Jahr selbst sei keines für schwache Nerven gewesen, kündigen die beiden Unterhaltungskünstler an. „Die Rechtspopulisten verbreiten haltlose Meinungen, Donald Trump lügt. Trotzdem muss man erdulden, dass sie nicht mit Schimpf und Schande aus allen Ämtern gejagt werden, sondern weiterhin ihr Unwesen treiben dürfen“, kommentiert Küster. Die weltweite Renaissance des Rechtspopulismus ist nur eines von  vielen Themen, über das sich das Kabarett-Duo im Kom(m)ödchen aufregt. Donald Trump wird allerdings nur einmal erwähnt. Ansonsten verwandelt sich Küster in einen sächsischen Wutbürger, der sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt sieht und die Geflüchteten für seine Probleme verantwortlich macht. Voltz alias Herr Heuser versucht dieses fragwürdige Weltbild zu entlarven.

Ebenfalls kritisch beäugen Küster und Voltz die Verschmutzung der Weltmeere mit Plastik. Doch ohne den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Vielmehr bereiten sie die katastrophalen Folgen des Lebens im Wegwerfmodus in einem Kindertheaterstück auf. Herr Heuser wird eine Kiefer namens Kevin mimen, Küster agiert als Plasti, eine ehemalige Plastiktüte.

Neben den großen Themen des zurückliegenden Jahres wie Jahrhundertsommer und Fußball-WM in Russland nehmen Küster und Voltz aber auch die alltäglichen Probleme in Deutschland auf die Schippe. Etwa die permanent unpünktlichen Züge der Deutschen Bahn. Doch trotz pessimistischer Tendenzen bleibt das Kabarett-Duo optimistisch: „Alles furchtbar, aber wir lassen uns die Lust am Leben nicht nehmen“, resümiert Küster.

Anny Hartmann bringt allein schon deswegen ihren zehnten Jahresrückblick auf die Bühne, weil es in diesem Bereich einfach zu wenige Frauen machen würden. Mit dem Titel „Schwamm drüber?“ fragt sie sich, ob man die gleichnamige Redensart über die politischen, wirtschaftlichen oder sportlichen Ereignisse in 2018 wirklich verwenden sollte, die bekanntlich so viel meint wie: „Ist nicht so schlimm, vergeben und vergessen.“

Am besorgniserregendsten findet die Kölner Kabarettistin den Rechtsruck in Deutschland. „Da hängt alles Andere mit dran, denn Rechtsruck heißt Leugnung des Klimawandels, die AfD hat kein Rentenkonzept, steuerpolitisch ist sie neoliberal bis zum Umfallen, sie will keine Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer. Um die Ärmsten wird sich da nicht gekümmert“, so Hartmann. Die Kabarettistin nimmt dabei auch die öffentlich-rechtlichen Medien in die Verantwortung, die mit ihrer unausgewogenen Berichterstattung die AfD stark gemacht hätten. „Eine Demo in Berlin mit 250 000 Menschen für mehr Solidarität in der Gesellschaft hat in der ARD eine Sendeminute bekommen, ein AfD-Parteitag mit etwas mehr als 100 Menschen dagegen ca. zehn Minuten.“ Auch das gesellschaftliche Klima habe sich mit dem Erstarken der Rechtspopulisten gewandelt: Verrohung der Worte, die zur Verrohung der Politik und schließlich zur Verrohung der Taten führt, etwa den rechtsextremistischen Aufmarsch in Chemnitz. Doch im Zuge der danach erfolgten Maaßen-Affäre erinnert Hartmann auch wieder an den NSU-Skandal. „Er ist einer der größten innenpolitischen Skandale der letzten 30 Jahre, wird aber so nicht behandelt. Auf dem rechten Auge ist man in Deutschland nach wie vor ein bisschen blind“, meint Hartmann.

Ein Kernproblem sieht die 48-Jährige allerdings darin, dass die Politik an der Mehrheit der Bürger vorbeiregiere. „Wir wollen bezahlbare Wohnungen, eine vernünftige Rente, unsere Pflege bezahlen können und dass etwas für den Klimaschutz getan wird.“ Die Kabarettistin wünscht sich - und allen Anderen - die Große Koalition würde zu der seit zwei Jahren angekündigten Sachpolitik zurückkehren.

Frank Küster und Gernot Voltz: Die Knaller des Jahres 2018, am 9. Januar um 20 Uhr im Kom(m)ödchen; Anny Hartmann: Schwamm drüber? Der besondere Jahresrückblick 2018 am 13. Januar um 20 Uhr im Zakk.

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