Kabarett: Immer aktuell wie das Tagesgeschehen

„Couch. Ein Heimatabend“ ist das größte Erfolgsstück im Kom(m)ödchen. Deshalb wird es auch nächstes Jahr gespielt.

Düsseldorf. Bislang 450 Vorstellungen in zweieinhalb Jahren. Nahezu jeden Abend volles Haus. Und erstmals seit zehn Jahren hat der WDR wieder eine Vorstellung des Kom(mö)dchens komplett aufgenommen.

Die Fakten sprechen für sich: "Couch" ist ein Erfolgsprogramm, wie es das Kom(m)ödchen noch nicht erlebt hat. Die Geschichte ist so einfach wie wirkungsvoll: Ein erfolgloser Komiker, der dringend Witze schreiben muss für seinen Auftritt beim "Verband kritischer Metzger". Und sechs exzentrische Nachbarn, die ihn immer wieder von der Arbeit abhalten.

Im Mittelpunkt: das Hausensemble Maike Kühl, Christian Ehring und Heiko Seidel. Ausgedacht und geschrieben haben das Stück Grimmepreis-Träger Dietmar Jacobs ("Stromberg") in Zusammenarbeit mit Christian Ehring. Regie führte Hans Holzbecher.

Aber was ist das Geheimnis? "Vielleicht ist es der Sitcom-Charakter", sagt Heiko Seidel, der auf der Couch mal den Unternehmensberater als Edelproll, mal den einheits-beige-tragenden Spießer und mal den abzockenden Anarcho gibt. "Die Rollen sind klar verteilt - da finden sich viele wieder. Und viele kennen Menschen wie die, die auch diese unfreiwillige WG zusammenführt."

Vielleicht noch viel wichtiger ist die Aktualität des Stücks, das Ehring fast täglich der politischen und gesellschaftlichen Situation anpasst: "Die Tagesschau verpasse ich leider immer. Da stehe ich auf der Bühne. Aber die tägliche Recherche in Tageszeitungen und im Internet ist für mich Pflicht. Alles was neu ist, verarbeite ich direkt."

Das Kommödchen als CNN vom Kay-und-Lore-Lorentz-Platz. Interessant ist dabei für den 36-Jährigen, wie Nachrichten beim Publikum funktionieren. "Vor zwei Jahren hätte ich Klimawandel nicht bringen können. Jetzt ist das Thema selbstverständlich. Oder Andrea Ypsilanti. Oder die Finanzkrise." Auf der Couch kommt alles zur Sprache.

Die offensichtliche Spielfreude der Darsteller trägt ebenfalls zum Erfolg bei: "450 mal habe ich jetzt schon auf der Couch gesessen", sagt Heiko Seidel. "Und jeden morgen freue ich mich schon, dass es abends wieder losgeht."

Und das ist auch den Aufführungen anzumerken: "Kürzlich hat ein Zuschauer mir ganz beeindruckt gesagt, nach über 400 Aufführungen würde ich den kompletten Text jetzt wohl auswendig kennen", erzählt Seidel. Statt Einerlei bedeutet diese Routine für ihn Sicherheit. "Wir können unmittelbar auf das Publikum reagieren - und improvisieren.

Mal wird auf diese Weise der Part des Birkenstock-Spießer-Pärchens länger, mal das Polit-Solo von Ehring, mal die Stelle mit Maike Kühl als schriller Langzeitstudentin. "Fast keine Aufführung gleicht der anderen. Für uns ist es leicht, nach jeder Improvisation wieder in das Ursprungsstück zu finden." Deshalb lohnt es sich, das Stück auch mehrmals anzusehen.

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