Düsseldorf Junge Kunst im Hotel am Worringer Platz

Der Initiator der neuen Aktion ist 26, Student und kunstversessen. Seine Spielwiese ist — grell.

Wilko Austermann hat das Hoteldach (unterhalb) schon einmal bespielt. Sein nächstes Projekt dort bereitet er gerade vor.

Wilko Austermann hat das Hoteldach (unterhalb) schon einmal bespielt. Sein nächstes Projekt dort bereitet er gerade vor.

Düsseldorf. Wilko Austermann ist Kunstliebhaber geworden, weil er in einem 250-Seelen-Nest im Lipperland aufgewachsen ist und sich nach Aufregung sehnte. Die Eltern bereisten nicht die Welt, sondern sahen sich Museen in deutschen Städten an. Der Vater nahm den Sohn so lange mit, bis dieser, 16-jährig, seine eigenen Touren plante, die ihn nach Köln und Düsseldorf führten. Vor allem nach Düsseldorf. 2007 sah er dort im K 21 die klaustrophobische Installation „Weiße Folter“ von Gregor Schneider und staunte. Der Künstler fasste Räume an, wie es Austermann nie zuvor gesehen hatte. Dies bestärkte ihn in seinem Entschluss, Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität zu studieren. Eines Tages hofft er als Kunstvermittler arbeiten oder in Museen Sammlungen aufbauen zu können.

Düsseldorf: Junge Kunst im Hotel am Worringer Platz
Foto: Lukas Julius Keijser/JM

In der Zwischenzeit bespielt er andere Ort mit Werken junger unbekannter Künstler, die es (noch) nicht in die großen Kunsthallen schaffen, obwohl sie Spannendes zu bieten haben. Aktuell kümmert sich der 26 Jahre alte Student um die Kunst im Hotel Friends am Worringer Platz. Die platziert er in Zimmern und neuerdings auch im Keller, wo sich einst die Kühl- und Lageräume eines Supermarktes befanden. Zur Nacht der Museen besuchten bis zu 700 Menschen die Schau um das Spiel mit der Täuschung. „Hidden Traces“ hat Austermann die Ausstellung betitelt und meint damit auch die Spuren, welche Menschen im Hotel hinterlassen.

Die Wände in den Hotelzimmern sind in grellen Farben angestrichen.

Die Wände in den Hotelzimmern sind in grellen Farben angestrichen.

Überhaupt hat jedes Werk, auch diejenigen, welche er für die Zimmer aussucht, stets einen Bezug zum Thema Hotel — inhaltlich und teils auch optisch. In Zimmer 203 etwa prangen drei Internetlinks hinter Glas. Jeder Link führt zu Musik; von Yoko Ono zum Beispiel. Hinter einem verbirgt sich der Song „Palace Hotel“ von Amanda Lear. Darin besingt sie eine Beziehungskiste, an der sie in Zimmer 203 (!) Spaß hatte. In einem anderen Raum bannen Siebdrucke Bilder, die um die Welt gingen: Justin Bieber spuckt aus seinem Hotelfenster auf Passanten, Michael Jackson hält sein Baby über die Brüstung. Eine Etage höher stimmen Zitate aus Vicky Baums Erfolgsroman „Menschen im Hotel“ nachdenklich. In manchen Badezimmern hat Austermann Porträts von Mitarbeitern, deren Identität die Gäste zunächst nicht zuordnen können; am Morgen treffen sie sie die Unbekannten dann beim Bettenmachen oder Kaffeebringen.

Schon die Hoteleinrichtung an sich ist ein nicht ganz alltäglicher Anblick, weswegen es für den jungen Kurator eine Herausforderung ist, die ausgesuchten Werke wirken zu lassen. Kein Zimmer, kein Korridor gleicht dem anderen. Und immer ist die Farbgebung extrem — orange, grün, braun, pink und dies meist im Paket. Ein „White Cube“ wäre Austermann manchmal lieber. So aber muss er seine Wahl unaufhörlich hinterfragen, was immerhin den Blick für den Zusammenhang von Kunst und Umgebung schärft. Wie eine Art natürliche Fortbildung.

„Ich wollte immer schon Ausstellungen machen und suche Orte, wo ich mich austoben kann“, sagt Austermann, der gleich um die Ecke des Hotels Friends wohnt. Über die Macher des Gasthofs Worringer Platz, die das Glashaus samt Umgebung bespielen, kam Austermann zu seinem Kurator-Job für das Hotel.

Aktuell bereitet er seine nächste Ausstellung im Hotelkeller vor. Ab 10. Juni sind kinetische Objekte junger Künstler zu sehen. „Ein Verweis auf Jean Tinguely, den das Museum Kunst Palast ab 23. April präsentiert und der einer wichtigsten Kinetik-Künstler war“, sagt Austermann. Ein weiteres Projekt nimmt er gerade in Angriff — Kunst auf dem Hoteldach, wovon Gäste und Anwohner etwas hätten. Für die Umsetzung sorgt Edmée Laurin, eine französische Gaststudentin der Kunstakademie. Sie plant, hoch über dem Worringer Platz den Boden einer Kirche in Palermo zu zitieren. „Das Dach wirkt wie ein Bilderrahmen“, sagt Austermann. „Noch dazu ist Palermo die neue Partnerstadt Düsseldorfs. Das passt bestens.“

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