Porträt Julian Freibott: Ein Tenor geht aus sich heraus

Julian Freibott spielt in Händels Oper „Alcina“ einen miesen Macho — eine Rolle, für die er hart trainieren musste.

Porträt:  Julian Freibott: Ein Tenor geht aus sich heraus
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Er schlägt auf einer schrägen schwarzen Wand rückwärts Purzelbäume und andere körperliche Kapriolen, der Tenor Julian Freibott (25). Er studiert Gesang an der Robert-Schumann-Hochschule und verkörpert in der neuen Produktion von Thomas Gabrischs Opernklasse Alcinas Heerführer Oronte, einen ziemlich miesen Macho, der auch schon mal Frauen an den Haaren zu sich zieht.

„Diese Rolle hat am allerwenigsten mit mir zu tun“, sagt Julian Freibott in dezent oberfränkischer Mundart. Lyrisches von Mozart, Oratorien und Lieder wie „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert - das sei eigentlich seine Welt. Nun guckte sich der gebürtige Bamberger zwecks Studium einer Fieslings-Rolle Tatort-Folgen im Fernsehen an oder beobachtete genau, wie gemein Heath Ledger in dem amerikanischen Batman-Film „The Dark Knight“ den kaltblütigen Joker spielt.

Ganz so garstig agiert der schlanke junge Mann nun doch nicht auf der Bühne im Partika-Saal der Musikhochschule. „Ich singe das mehr wie ein Buffo“, erklärt der Schüler des bekannten Baritons und Gesangsprofessors Konrad Jarnot. In einer konzertanten Aufführung würde er die Partie wieder ganz anders anlegen. Und wer nun glaube, seine Sängerlaufbahn führe geradewegs hinein ins heitere Charakterfach, verkenne seine eigentliche Künstlerpersönlichkeit. Dieser entspreche etwa die Rolle des Tamino aus Mozarts „Zauberflöte“.

Julian entstammt einem eher opernfernen Elternhaus. „Meine Familie hat mit Klassik nix am Hut.“ Und die drei Brüder seien Maschinenbauer und Elektrotechniker. „Der klassische Gesang war mein ganz persönliches Triebziel“, betont der Musikstudent. So habe er es beispielsweise seiner eigenen Hartnäckigkeit zu verdanken, als Jugendlicher zu den Regensburger Domspatzen gekommen zu sein.

„Meine Eltern waren davon nicht unbedingt begeistert, für mich war es ein Glücksmoment.“ Bei den Domspatzen habe er derweil nicht nur singen gelernt, sondern auch im Team zu arbeiten. „Ich komme im Rudel gut zurecht“, sagt Julian. „Ich habe gelernt, meine persönlichen Befindlichkeiten zu Hause zu lassen.“

Daher sei es für ihn auch möglich, sich auf eine ihm etwas fremde Rolle wie eben die des Oronte einzulassen. Der starke Körpereinsatz für die Darstellung sei für ihn gar nicht so leicht und selbstverständlich gewesen. „Für die Purzelbäume und die Schritte auf der Schräge brauchte ich, wie die anderen auch, wochenlanges Training vor Ort.“ Wenn die Arbeit mit „Alcina“ Dienstag abgeschlossen ist, kommen für Julian andere Projekte dran, vor allem eine Tonaufnahme mit Liedern von Richard Strauss.

Beim Strauss-Wettbewerb der Salzburger Sommerakademie hat er gerade erst einen Musikpreis gewonnen. Lied und Oratoriengesang sei ohnehin ganz sein Ding, nur leben könne man davon leider nicht. So gehe an der Oper kein Weg vorbei. Und Erfahrung sammeln mit diesem Metier konnte er schon öfters, etwa in den beiden vorigen Opernproduktionen der Hochschule: „Comte Ory“ von Gioachino Rossini und „Street Scene“ von Kurt Weill. Und im kommenden Sommer geht es für ihn mit der Oper weiter, dann in der Kammeroper München.

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