Jugendliche tanzen ihre Träume

„The Magic of Believing“ in den FFT Kammerspielen.

Düsseldorf. Ein Gesicht erscheint auf der Videoleinwand, Großaufnahme. Keine Gefühlsregung, kein Muskelzucken bleibt verborgen. Es ist das Gesicht von Alexej, Schulabgänger und seit wenigen Monaten arbeitslos. „Ich arbeite nicht und finde das wunderbar“, sagt er, doch Mimik und Intonation strafen ihn Lügen. Halbherzig redet er sich seine Situation schön und spricht mehr zu sich selbst als in die Kamera. „Ich bin frei, fühle mich mehr wie ein Mensch und. . .“ — seine Stimme wird brüchig, dann verstummt er.

Das Stück „The Magic of Believing, das am Samstagabend Premiere in den FFT Kammerspielen feierte, gewährt einen Einblick in die Lebenswelt verschiedener Jugendlicher im Alter von 17 bis 20 Jahren. Sie stehen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, sollen selbstständig einen Weg bestimmen, sich berufliche Ziele setzen und hart arbeiten, um sie zu erreichen. So viel zur Theorie. Doch wie soll das gehen in einer Gesellschaft, die sich zwar demokratisch nennt, aber außer Niedriglohnjobs, Leiharbeit oder gar Arbeitslosigkeit nichts zu bieten scheint?

In einer dokumentarischen Performance reflektieren die Jugendlichen unter Anleitung des Regisseurs Ingo Toben ihre ersten Erfahrungen mit dem Berufsleben und gehen der Frage nach, was sie eigentlich wollen, wovon sie wirklich träumen. Dabei macht sich das Team vielseitige Darstellungsformen zu nutzen. Kern der Produktion ist ein Film (Kamera: Iskender Kökce), der Szenen aus dem Alltag der jungen Menschen zeigt. Diese werden von den Darstellern auf der Bühne in Form von Tanz, Live-Musik und elektronisch erzeugten Toneffekten kommentiert.

So hängt Alexej minutenlang in der Telefonleitung des Jobcenters. Nach langem Warten geht sein Blick ins Leere, er schaltet ab. Parallel legt einer der Schauspieler eine eindrucksvolle Breakdance-Nummer auf der Bühne hin. Es scheint, als visualisiere der Tänzer Alexejs Phantasie, als bilde er eine Metapher für jene Dinge, die ihn wirklich beschäftigen.

In 90 Minuten schafft es das Team, die Herausforderung zu veranschaulichen, die sich jungen Menschen stellt. Dabei pocht es nicht auf Mitleid. Vielmehr versucht das Stück, abweichenden Lebensentwürfen Raum zu geben. Und erinnert mit seinen Emotionen und hoher Authentizität daran, dass jenseits von Registriernummern im System eines Jobcenters der Mensch immer noch ein Mensch ist.

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