Joseph Beuys, der Adonis

Der Düsseldorfer Fett- und Filz-Künstler wird neu gesichtet, als Mann ohne Hut und ohne Silberplatte im Kopf.

Düsseldorf. Diese "Bilder eines Lebens", wie Christiane Hoffmans ihr Beuys-Buch nennt, sind eine Augenweide. Joseph Beuys, der internationale Künstler, der "verrückte" Revolutionär, der Mann mit dem Filzhut, war ohne Kopfbedeckung und ohne die vielen Hüllen ein schöner Mann.

Wie einen Adonis hielt ihn der Werbefotograf Charles Wilp fest: In knapper Badehose zeigte er seinen gut gebauten, durchtrainierten Körper. Während eines Urlaubs zum Jahreswechsel 1974/75 in Kenia ließ Beuys seinen eingecremten Schädel in der Sonne Afrikas funkeln, und Charles Wilp drückte auf den Auslöser.

Das Bilderbuch beginnt mit dem fünfjährigen Buben, der mit seinen Eltern ganz brav durch Kleve zog. Sein Vater war dort Kaufmann, arbeitete in der Futtermittelfirma seines Bruders und leitete später einen kleinen Filialbetrieb.

Doch nicht nur die Kinderbilder, sondern etwa der Bord-Funker Beuys als Unteroffizier in Königgrätz haben Seltenheitswert. Beuys schaute in seiner Jugend geradezu verträumt in die Welt, und besaß anfangs noch recht volles Haar.

Selten tauschte Beuys sein Erkennungszeichen, den Filzhut, gegen einen anderen Kopfschutz auf. Die Pudelmütze stand ihm bei weitem weniger gut. Wenn er während der Verhandlung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf im November 1972 den Hut abnahm, war das Haar strähnig und fettig. So hat ihn auch Klaus Staeck fotografiert.

Das Buch räumt nicht nur mit einigen optischen Klischees auf, sondern auch mit einer Legende, die sich ein Leben lang hielt. Die Autorin Christiane Hoffmans spricht vom Künstler, der "vom Himmel fiel", um diese These sogleich zu widerlegen.

Beuys behauptete, am 16.März 1944 mit einer Ju87 abgestürzt zu sein, weil das Sturzkampfflugzeug von russischem Geschütz getroffen wurde. Stets folgte dann die Geschichte von der Rettung des bewusstlosen Soldaten durch die Tataren.

Die Guten hätten ihn acht Tage lang gepflegt, hätten ihn in Filz gewickelt, damit er warm werde und Wärme speichern könne. Seine schweren Wunden hätten sie mit tierischem Fett gesalbt. Beuys wurde zum Fett- und Filz-Künstler.

Staffelkapitän Heinz Georg Kemken widerlegt dies. Die Maschine von Beuys sei nicht beschossen worden, vielmehr sei Beuys aus fliegerischem Unvermöglichen abgestürzt. Kemken besuchte ihn kurz nach dem Absturz im Feldlazarett und fand weder einen doppelten Schädelbasisbruch noch ein Edelmetall-Implantat im Kopf. Beuys hatte lediglich eine leichte Gehirnerschütterung und ein gebrochenes Nasenbein.

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