Johanna von Koczian: Die Meisterin der Stimmungswechsel

Johanna von Koczian ist wieder mit „Oskar“auf der Bühne. Ihr sensibles Spiel begeisterte.

Düsseldorf. Es gibt wohl nichts Traurigeres auf der Welt als ein sterbendes Kind. Und kaum eine Geschichte scheint weniger für einen Theaterabend in der Komödie geeignet als die vom zehnjährigen, krebskranken Oskar, der im Krankenhaus seinem Tod entgegensieht.

Dennoch war das Ein-Personen-Stück "Oskar und die Dame in Rosa" 2009 ein so großer Erfolg, dass Paul Haizmann und Helmuth Fuschl es auf vielfachen Wunsch wieder ins Programm hoben. Erwartungsgemäß hat Martin Woelffers sensible Inszenierung mit der fabelhaften Solo-Darstellerin Johanna von Koczian das Publikum am Mittwochabend erneut begeistert.

Das Stück nach dem berühmten Buch von Eric-Emmanuel Schmitt erzählt die letzten Tage im Leben des kleinen Oskar, dessen Schicksal seine Eltern und die anderen Erwachsenen stumm gemacht hat. Sie weichen ihm aus und versuchen, sein Sterben zu verdrängen.

Die Einzige, die dem klugen, wütenden Kind ehrliche Antworten auf seine Fragen gibt, ist die ehrenamtliche Krankenhausbetreuerin Rosa. Die ältere Frau spricht humorvoll und auf Augenhöhe mit ihm über das Leben, den Tod und die Suche nach einem Sinn. Sie rät ihm nicht nur, Briefe an den lieben Gott zu schreiben, sondern auch jeden der ihm verbleibenden Tage so zu leben, als wären es zehn Jahre.

So schildert der Junge in seinen zwölf Briefen an Gott seine Pubertät, die erste Liebe zu einer Mitpatientin, Ehe, Midlife-Crisis, Alter und schließlich seine Vorbereitung auf den Tod. Seine Vertraute "Oma Rosa" liest sie laut vor und obwohl man weiß, dass es sich hierbei um ein Vermächtnis handelt, muss man bei manchen Passagen herzlich lachen.

Johanna von Koczian gelingt es, allein durch Wechsel in Stimme und Gesichtsausdruck, alle Personen aus Schmitts Erzählung auf der Bühne lebendig werden zu lassen. Sie trifft den Ton des neugierigen, aufmüpfigen Kindes ebenso authentisch wie den der lebensweisen Frau und verleiht dem Stück das, worum es auch im Text geht: Würde.

Das schlichte, krankenhausweiße Bühnenbild (Ausstattung: Gabriella Ausonio) ist der perfekte Rahmen für von Koczians zurückgenommenes Spiel. Ein paar Schritte über die Bühne, ein Aufziehen der Vorhänge, das Öffnen einer Tür - mehr braucht sie nicht, um das Krankenzimmer mit Leben zu füllen. Sie arbeitet die heitere Seite des Stückes heraus, ohne einfache Lacher zu provozieren.

Den Text-Marathon meistert sie bravourös und sogar ein anhaltendes Handy-Klingeln im Publikum bringt von Koczian nicht aus dem Konzept. Sie wahrt die Balance zwischen Humor und Traurigkeit, und obwohl es einem ab und an die Tränen in die Augen treibt, wird es nicht rührselig. Oskar und die Dame in Rosa nehmen Krankheit und Tod als natürlichen Teil des Lebens, und diese Sichtweise ist es auch, die das Stück erträglich macht.

Als der kleine Oskar am Ende für immer gegangen ist und auch die Dame in Rosa die Bühne verlässt, ist es für einen Moment sehr still im Theatersaal. Dann jedoch wird die beeindruckende Johanna von Koczian vom stehenden Publikum wieder und wieder heraus geklatscht und mit Rosen und ebenso verdienten Bravo-Rufen bedacht.

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