Interview zur New Düsseldorfer Pop: „Die Szene ist manchmal etwas träge“

Die Messe im Zakk ist eine Art Klassentreffen der lokalen Musikszene. Dort wird genetzwerkt, aber auch gestritten, wenn es sein muss: über Proberäume, Talentförderung, Auftrittschancen und Politik. Die Macher der Messen sagen, warum das gut ist, zwei Musiker sagen, was besser werden muss — in der Stadt und in der Szene.

Interview zur New Düsseldorfer Pop: „Die Szene ist manchmal etwas träge“
Foto: J. Michaelis

Düsseldorf. Die Zeiten, in denen Düsseldorf mit der Popkomm eine große Musikmesse hatte, sind lange vorbei. Seit 2011 gibt es allerdings die New Düsseldorf Pop (NDP): eine Art Klassentreffen der hiesigen Musikszene. Miguel Passarge (43), Hauke Schmidt (45) und Julian Janisch (27) haben auch die dritte Auflage organisiert, die am Samstag über die Bühne gehen wird. Aber wie geht’s der Düsseldorfer Musikszene überhaupt?

Als die NDP 2011 an den Start ging, gab es viele Baustellen in der Musikszene: die Proberaum-Situation, fehlende Auftritt-Möglichkeiten, wenig Synergie-Effekte. Steht die Szene nach zwei Messen besser dar, als noch vor drei Jahren?

Miguel Passarge: Da fällt mir eine kleine Anekdote ein: Als die Messe das erste Mal veranstaltet wurde, kamen Protagonisten der Musikszene zusammen und in den Dialog, die jahrelang nicht miteinander gesprochen hatten.

Hauke Schmidt: Richtig, die Messe trägt schon dazu bei, dass Leute miteinander ins Gespräch kommen und neue Projekte angestoßen werden. Wenn man Kontakt sucht, findet man ihn auf der Messe. Das Gute ist, dass Initiativen aus vielen verschiedenen Ecken dabei sind.

Passarge: Ein kleines Label wie „One Sunny Day“ — wo soll sich das sonst präsentieren? Bands wie Early Autumn Break und Pauly hat der Auftritt während der Messe auch nach vorne gebracht. Besonders gut ist die New Düsseldorf Pop für kleine Bands, die noch keine Kontakte in der Szene haben. Im Anschluss an die 2013er-Messe haben sich zum Beispiel unheimlich viele Bands bei Aljoscha Mallmann und seinem Aufnahmestudio gemeldet. Die Musiker gehen von Stand zu Stand, geben ihr Demo ab und kommen wirklich an die Entscheider heran. Eine Mail versandet ja doch oft.

Warum hat eine Stadt wie Düsseldorf eigentlich so viele Probleme in der eigenen Musikszene?

Julian Janisch: Ich empfinde das anders. Wir haben eine Hip-Hop-Szene, die total lebendig ist, wir haben außerdem Callejon, die Broilers und Honig — um nur ein paar bekannte Namen zu nennen. Schmidt: Ich denke auch, man muss es umdrehen: Dass eine kleine Stadt wie Düsseldorf solch eine Messe hat, zeigt, wie viel hier los ist. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir sehr gut dastehen.

2011 gab es eine hitzige Diskussion zur Proberaum-Situation mit Vertretern der Stadt. Anschließend wurde der Bunker am Gather Weg von der Stadt gekauft und von einem Investor renoviert. Trotzdem stehen dort jetzt Räume leer.

Passarge: Das Engagement in Sachen Bunker ist auf jeden Fall ein positives Signal. Vorher ist zehn Jahre lang keine politische Entscheidung in der Stadt pro populäre Musik gefallen. Dass dort noch einige Räume leer stehen, liegt glaube ich nicht nur an überhöhten Mieten, sondern daran, dass manche Räume von der Größe nicht für Bands geeignet sind. Die guten Räume sind zum Teil drei- oder vierfach belegt.

Die Politik hat nun auch signalisiert, mit 80 000 Euro beim Open-Source-Festival einzuspringen.

Passarge: Das ist doch eine Sensation. Vor zehn Jahren wären es 800 Euro gewesen.

Ist es dann so, dass die Szene einfach gerne meckert?

Passarge: Das ist doch normal. Wenn nicht mehr gemeckert wird, dann fließt auch kein Geld mehr. Die Hochkultur fordert ihre Subventionen schließlich auch ein. Ich habe eher das Gefühl, es wird noch zu wenig gemeckert.

Janisch: Dabei hat die NDP einen hohen Stellenwert. Denn das ist die einzige Veranstaltung, bei der Kulturpolitiker, Veranstalter und Musik zusammenkommen.

Ist die Szene selbst womöglich zu faul, sich zu engagieren?

Schmidt: Ich habe eher das grundsätzliche Gefühl, dass die Musikszene manchmal etwas träge ist. Aber das gilt nicht speziell für die Düsseldorfer Szene. Im Gegenteil: Ich kenne viele Leute, die sehr engagiert sind.

Hat denn seit der ersten Messe eine neue Band den Sprung über die Stadtgrenzen geschafft?

Janisch: Die Hip-Hop-Szene ist derzeit im Kommen. Gruppen wie die Antilopen Gang, der Plot, Sorgenkind oder Apo haben in diesem Jahr alle großen Hip-Hop-Festivals gespielt.

Ist die NDP auch ein Ort, an dem Nachwuchs gesichtet wird, der irgendwann mal im Zakk spielen könnte?

Passarge: Dazu würde ich eher das Drei-Tage-Rennen und das Akki-Newcomer-Fest zählen. Da werden die Rohdiamanten gesichtet. Die NDP ist eine Stufe drüber. Die Konzerte hier haben richtigen Showcase-Charakter — die Entscheider sollen Bands sehen, für die sie sich interessieren könnten.

Was gibt’s Neues bei der NDP 2014?

Schmidt: Im Großen und Ganzen bleibt das Konzept bestehen: Workshops, Messe, Konzerte. Insbesondere die Workshops sind aber ein Level höher. Es wird konsequent der Frage nachgegangen, was ein Musiker tun muss, um seine Musik unter die Leute zu bringen.

Passarge: Heute ist Selbstvermarktung viel wichtiger als irgendwelche Steuerfragen. Soziale Netzwerke, Booking, öffentliche Töpfe — das ist wichtig für jemanden, der gute Songs hat. Alles andere kommt erst später.

Bisher ist der Rhythmus der NDP ziemlich unregelmäßig. Wie soll es weitergehen?

Janisch: Der Plan ist, die Messe alle zwei Jahre zu veranstalten. Schmidt: Das reicht auch, in der Zwischenzeit muss sich schließlich auch etwas bewegen in der Szene.

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