In Anna Amalias Reich

Candida Höfer stellt Weimar-Fotos im Museum für Europäische Gartenkunst aus.

<strong>Düsseldorf. Candida Höfer ist die Fotografin lichterfüllter Räume. Die ehemalige Becher-Schülerin greift nicht in die Räume ein, sie inszeniert nichts, sondern akzeptiert die reale Situation. Das war schon so, als sie vor einem Vierteljahrhundert den neubarocken Wartesaal in Köln aufnahm. Im Gegensatz zu damals, als sie mit der handlichen Kleinbildkamera ihre leicht diffusen Fotos "schoss", benutzt sie jetzt die Großformatkamera für ihre großformatigen Abzüge. Im Museum für Europäische Gartenkunst am Schloss Benrath erhält sie nun eine Ausstellung.

Höfer zeigt keine Wallfahrtsorte, sondern poetische Aufnahmen

2004, drei Wochen vor dem verheerenden Brand im Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar, machte sie ihre Aufnahmen, deren Motive später in Flammen aufgingen. Ihre Bilder sind seitdem Dokumente des Verlustes. 2006 kehrte sie abermals nach Weimar zurück. Die Bilder aus dem ehemaligen Dachgeschoss der Bibliothek, mit dem alten Holzmodell wie einem Memorial im Vordergrund, stehen nun parallel zu den modernen Studienräumen, dem zentralen Bücherkubus etwa mit seiner strengen Gliederung durch die Regalwände. Ob die alten oder die neuen Motive, sie zeigt keine Wallfahrtsorte, sondern beinahe schon unprätentiöse, auf alle Fälle sehr poetische Aufnahmen. Das Tageslicht dringt durch den Schauraum im Goethe- und Schillerarchiv, gleitet über die Vitrinen hinweg und überhöht die klassischen Räume in eine unfassbare Zeitlosigkeit. Im Residenzschloss Weimar prallt das Tageslicht an den sechs Säulen ab und breitet sich auf dem blank gebohnerten Holzparkett aus, den Boden in eine instabile Zone verwandelnd, als sei das Schloss auf Wasser gebaut. Selbst Sichtachsen, wie sie im barocken Milieu üblich sind, werden durch das Licht der Fensterfront aus dem Gleichgewicht gehoben, als sei die Historie des Ortes nicht mehr ganz sicher angesichts der fragwürdigen Gegenwart. Umso froher ist Candida Höfer, wenn sich die Räume selbst in Frage stellen, im Neuen Museum Weimar etwa, wo der Künstler Daniel Buren die Eingangszone im Treppenhaus durch Spiegelflächen und durch hölzerne Streifen aus jener Balance bringt, die der Klassiker Goethe so liebte. Die 25 Arbeiten der Kölner Künstlerin sprengen fast die viel zu kleinen Räume des Gartenkunstmuseums, sie sind aber auch oftmals so tief gehängt, dass sie fast bis auf die Fußleiste stoßen. Andererseits ist die Lichtgestaltung in den Räumen so unsensibel austariert, dass Spots auf das Glas fallen oder Kreise bilden. Ein neutrales, gleichmäßiges Licht sollte inzwischen doch selbstverständlich sein.

Candida Höfer

Vita:1944 in Eberswalde geboren, 1963 bis 1964 Volontariat im Fotoatelier Schmölz-Huth in Köln, 1964 bis 1968 Studium an der Kölner Werkkunstschule, 1968 bis 1970 freie Fotografin in Köln und 1970 bis 1972 im Fotostudio Werner Bokelberg, Hamburg. 1973 bis 1982 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, zunächst beim Filmer Ole John, ab 1976 bei Bernd Becher. 1997 bis 2000 Professur an der Kunsthochschule Karlsruhe. 2003 vertrat Candida Höfer Deutschland auf der 50. Biennale in Venedig. Sie lebt in Köln.

Ausstellung: bis 4. Mai im Schloss Benrath, Benrather Schlossallee 100/106, Ostflügel, Museum für Europäische Gartenkunst, bis 15.April Di. - So. 11 bis 17, ab 16. April Di. - So. 10 - 18 Uhr; 1. Mai geöffnet.

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