Große Show in der Gabriel-Galaxie

Vor 10 500 Zuschauern beweist Peter Gabriel im ausverkauften Dome, dass er noch immer ein Musiker von Weltklasse ist.

Düsseldorf. Der Heiligenschein ist an diesem Abend ein großer, in wechselnden Farben leuchtender Scheinwerferkranz. Und er schwebt die ganze Zeit dort, wo er schweben muss: unmittelbar über dem Kopf von Peter Gabriel, diesem Visionär der Popmusik.

Gabriel gründete die großen Genesis und verließ die Band trotz des durch die Decke gehenden Erfolges, weil er merkte, dass er der Welt mit seinen eigenen Ideen noch viel mehr geben konnte: weltmusikalische Experimente, elektronische Pop-Versuche, visuelle Reize. Revolutionäres.

Von alldem hat Gabriel auch den 10 500 Zuschauern im ausverkauften Dome etwas mitgebracht — und doch zeigt er erst einmal die wichtigste Tugend des heiligen Popstars — die Demut: Vor dem Konzert kommt er auf die Bühne, um die Musikerinnen Jennie Abrahamson and Linnea Olsson, die den Abend für ihn eröffnen dürfen, anzukündigen. Mit einem kleinen Zettelchen in der Hand tut er das. Und darüber, dass er die deutschen Sätze darauf so gut hinbekommt, freut er sich wie ein Kind.

Dann ist die Zeit reif für ihn und seine All-Star-Band aus Haudegen, die schon so manche Schlacht in der Pop-Arena geschlagen haben: Da sind die alten Weggefährten Tony Levin am Bass und David Rhodes an der Gitarre.

Und da sind der Weltklasse-Schlagzeuger Manu Katché und Pianist David Sancious, der einst den Sound von Springsteens E-Street-Band auf die „Thunder Road“ brachte. Heraus kommt ein die Ohren nach hinten klappender, durch und durch satter Sound, der nach dem kleinen Akustik-Set zu Beginn einsetzt und durch frühe Klassiker wie „Solsbury Hill“, „Digging in the dirt“ sowie sämtliche Songs von Gabriels erfolgreichstem Album „So“ aus dem Jahre 1986 treibt.

Wirkte der Sänger anfangs bei der Zettelansage unter der eingeschalteten Saalbeleuchtung, noch etwas pummelig und zum Knuddeln in seinem weiten Parka, so befördert ihn die Musik jetzt in die Gabriel-Galaxie, wo angesichts der Schwerelosigkeit seiner Kunst so profane Dinge wie Gewicht und Alterszipperlein — Gabriel ist mittlerweile 63 — keine Rolle spielen.

Das Konzert wird zur Konzeptshow. Auf die Bühne rollen Kamera- und Scheinwerfer-Ungetüme, die diesen Ausbund an Charisma umzingeln und zum Tanz mit dem Licht einladen.

Bei „We do what we’re told“ zaubern sie aus dem Moment heraus ästhetische Videoclips auf die Bildschirme — mit verzerrten Nahaufnahmen der Musiker, mit zeitversetzten Bildern des tänzelnden Frontmannes, mit die Kameratürme schiebenden Technikern, die in Gittermasken zum Fantasie-Mummenschanz bitten.

Sogar der Maschinenturm, der in „The tower that ate people“ Menschen frisst, kommt als Gebilde aus Tuch und Plastik von der Decke herunter, verschluckt Gabriel und spuckt ihn wieder aus. So wie ein Ding aus einer anderen Welt.

Und doch ist der Mann, der am Ende im Lichtkegel steht, durch und durch menschlich — nicht zuletzt wenn er mit erhobener Faust die epische Anti-Apartheid-Hymne „Biko“ anstimmt und sie vor seinen Fans im meist gesetzten Alter all jenen „young people“ — den jungen, mutigen Menschen — widmet, die auf der Welt gegen Unterdrückung kämpfen. Als Gabriel abtritt, singen Tausende im blutroten Licht weiter.

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