Große Kunst aus einem Guss

Werkstatt: Im Medienhafen lassen die Stars der Kunst ihre Werke in der Kunstgießerei Kayser fertigen. Die WZ sah sich dort um.

Seit der Ziseleurmeister Rolf Kayser 1999 die Gießerei Raimund Kittl auf der Landzunge im Hafenbecken übernahm, erlebte die Firma einen kometenhaften Aufstieg. Eine Halle nach der anderen wurde dazu gekauft. 28 fest angestellte Mitarbeiter hat der Betrieb heute. Was er herstellt, ist Kunst von unschätzbarem Wert. In seinen Hallen wird nach den Modellen von Weltstars sandgeformt, gegossen, patiniert und ziseliert. Ein Besuch in der Kunstgießerei Kayser.

Der 50-jährige Fachmann muss auf Künstler wie ein Rattenfänger von Hameln wirken. Es gelingt ihm, einen Bildhauer der Spitzenklasse nach dem anderen an seine Firma zu binden. Wie ein "Who is Who" der Kunstszene klingt die Liste derer, die ihre Modelle in Bronze, Aluminium, Edelstahl oder Stahl gießen lassen. Tony Craggs acht Meter hohe "Kettenreaktion", die derzeit vor dem Malkasten steht, kommt ebenso von dort wie die grandiosen Eisenfrauen des Thomas Schütte.

Rund 30 Skulpturen werden jährlich an der Bremer Straße produziert. Ariane von Mauerstetten, eine Newcomerin unter den Künstlerinnen, lässt gleich 17 Skulpturen dort herstellen. Thomas Schütte, Gewinner des Goldenen Löwen auf der Biennale in Venedig, gibt nicht nur seine Kunst in Auftrag, sondern hat bei Kayser auch einen eigenen Werkraum. Katharina Fritsch, die im Sommer eine Professur an der Kunstakademie übernimmt, lässt ebenso dort gießen wie der Kunstprofessor Bogomir Ecker, Paloma Varga Weisz, Johannes Brus, Stefan Sous oder Hede Bühl.

Das größte Werk allerdings, das seit eineinhalb Jahren gleich mehrere Fachleute beschäftigt, ist eine Figurengruppe für das Elberfelder Rathaus in Wuppertal. Es präsentiert den "Elberfelder Ritter" Arnold mit Schild und Schwert, der auf einem Pferd reitet und von seinem getreuen Knappen zu Fuß begleitet wird. Die kolossale Gruppe, zu der auch noch die Symbolfiguren der Wahrheit und Gerechtigkeit gehören, muss bis zum Mai dieses Jahres fertiggestellt sein. Dann feiert Elberfeld Geburtstag. Der Stadtteil blickt auf 400 Jahre Stadtrechte zurück.

Kayser hatte nichts als ein altes Foto, denn die Originalfiguren von Ritter, Ross und Knappen sowie die Symbolfiguren der Wahrheit und Gerechtigkeit, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Rekonstruktion war für ihn kein Problem: "Wie ein Pferd aussieht, weiß man doch", tönt er und übertönt dabei den Lärm in seiner Werkstatt. "Das ist eine handwerkliche Angelegenheit, das hat mit Kunst nichts zu tun. Aber es macht Spaß", sagt er.

Die Frage, warum er die Gruppe nicht mithilfe von Computer-Programmen dreidimensional erzeugt habe, überhört Rolf Kayser bewusst. Dann legt er los: "Obwohl das Ding in zehn Meter Höhe stehen wird, müssen doch die Proportionen stimmen. Die sich verjüngenden Sichtachsen werden mitgedacht. Der Schädel ist eigentlich viel zu groß, aber für die Betrachter auf dem Boden ist er genau richtig."

Ritter und Knappe tragen Hemden, die Rolf Kayser aus Karnevalsartikeln und aus Hemden für die Ritterspiele zusammengetragen und in Gips modelliert und abgeformt hat. Das Schwert musste gleichfalls akribisch genau modelliert werden.

In einem der vielen Kabinette steht Schwan Kamal. Der gebürtige Iraker streicht gerade einer gipsernen Figur der Justitia mit dem Pinsel über den Hals. Kamal hat ein Diplom als Bildhauer an der Akademie für Bildhauerei in Babylon gemacht und als Kunstlehrer gearbeitet. Als politischer Flüchtling kam er nach Deutschland.

Seit 1996 ist er in der Metallgießerei tätig und bringt ein fast schon ausgestorbenes Handwerk zu neuer Blüte. Seine Justitia muss noch abgegossen und ziseliert werden. Alles im Auftrag einer Bürgerinitiative, die 270000 Euro an Spenden gesammelt hat, um den "Elberfelder Reiter" mit Knappe und Frauen zum Elberfelder Rathaus zurückzubringen.

Von der Wirtschaftskrise merkt Rolf Kayser wenig. "Der Markt ist ein bisschen eingebrochen, aber die Aufträge für Hochpreis-Skulpturen von Schütte, Cragg oder Fritsch sind nicht wirklich zurückgegangen. Meine Kunstgießerei trägt nicht unerheblich zum Wirtschaftsstandort Düsseldorf bei." Insgeheim hofft der Firmen-Inhaber, mit dieser Bemerkung auch das Düsseldorfer Amt für Immobilienmanagement für sich zu gewinnen. Sein Vertrag mit der Stadt läuft nur bis 2015. Falls er danach nur jährlich verlängert wird, hätte Kayser keine Planungssicherheit. Das könnte eine Gefahr für den Kunststandort Düsseldorf werden.

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