Grit Boettcher mimt eine Nervensäge

In dem neuen Stück „Omma Superstar“ am Theater an der Kö überzeugen der Berliner Altstar und ihre Tochter Nicole.

Düsseldorf. Komödien können mit Ironie gepfeffert sein, elegantes Parlando liefern, das zum Schmunzeln anregt, oder deftigen Spott, der Schenkelklopfen erzeugt. „Omma Superstar“, die jetzt mit Grit Boettcher in der Hauptrolle im Theater an der Kö zu sehen ist, gehört zu einer anderen Kategorie: liebenswürdig, charmant, bodenständig. Und lebt von der Energie und Selbstironie der 75-jährigen Berlinerin, die seit mehr als 50 Jahren auf Brettern und Mattscheibe für Quote sorgt. „Das Leben fängt mit 70 erst an“ säuselt sie mit Augenzwinkern als Zugabe nach einer herzlich gefeierten Premiere in den Schadow-Arkaden.

Die Boettcher — unvergessen als TV- und Bühnen-Partnerin von Harald Juhnke, mimt hier die Oma Nervensäge und Schlitzohr namens Meta Sommer. Nach langer Abwesenheit kehrt Großmama aus Tunesien zurück zu ihrer Tochter Sandy und fällt gleich mit der Türe ins Haus.

Sie ist klamm und möchte sich am liebsten in Sandys Haus einnisten. Vorübergehend, wie sie sagt. Doch das glaubt ihr Sandy nicht, kennt sie doch die Unberechenbarkeit ihrer Mutter, die sieben Jahre kein Lebenszeichen von sich gegeben hatte.

Stoff genug für allerlei Mutter-Tochter-Konfliktchen. Eine besondere Note erhält das Ganze, weil Sandy gespielt wird von Boettchers Tochter Nicole Belstler-Boettcher. Mutter und Tochter also auf der Bühne und im wahren Leben.

Sandy ist eine gemachte Frau, eine fleißige Apothekerin, die für Mann und Sohnemann aufkommen muss. Sie ist unglücklich verheiratet mit Artur, einem selbst ernannten Don Juan. Er lebt mit Svetlana zusammen, soll aber, zum Schein, wieder zurückkommen. Gemeinsam mit ihrem Sohn Stefan wollen sie der Großmutter eine heile Welt vorspielen, die es längst nicht mehr gibt. Klar, dass Meta Sommer das Spiel schnell durchschaut, weil sie ihrem Schwiegersohn immer schon misstraute, ihn für einen Taugenichts hält.

So verbündet sie sich zunächst mit Enkel Stefan, da die beiden Knittelverse lieben, die sie am laufenden Band produzieren. Dass sie damit weniger amüsieren denn nerven, stört sie nicht.

Etwas aufgesetzt wirkt dann die plötzliche Wendung — Oma soll Superstar werden. Sie hatte an einem Casting für eine Familien-Soap teilgenommen und bekommt die Rolle. Sie soll Oma-Superstar werden, denn Produzenten und Regieteam sind hingerissen von der verrückten Alten. Überraschung und Freude besonders bei Schwiegersohn und Enkel, die gleich Meta Sommers Manager werden wollen. Oma wittert Morgenluft, nimmt Schauspielunterricht bei einem schmierlappigen Herrn Knack, der ihr das Einmaleins richtigen Sprechens beibringen soll.

Das Lustspiel aus der Feder von Gunther Beth und Folker Bohnert kommt in Schwung, da Regisseur und Theaterchef René Heinersdorff auf die Tube drückt und das Histörchen mit allerlei Düsseldorfer Lokalkolorit anreichert. Das gefällt und passt zum lässigen Boulevard-Ton.

Schauspielerisch fällt neben der routinierten Grit Boettcher, die sich nicht schont und der man kleine Hänger gerne verzeiht, besonders Tochter Nicole auf. Sie macht auf Vamp mit rauchig tiefer Stimme, die die Hosen anhat, im Haus den Ton angibt und den Konflikt mit Oma offen angeht.

Ebenso überzeugen Rolf Berg als versoffener Schwiegersohn und Marius Rolf Fahl als Stefan: Der smarte Blondschopf aus Bochum mimt zunächst den braven Enkel, später den Kumpel seines Vaters, mit dem er zusammen Luftschlössern nachjagt.

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