Ausstellung: Glen Rubsamen Glen Rubsamens Katastrophenbilder

Düsseldorf · Interview Gespräch mit dem Kalifornier in Düsseldorf, der den Höllensturz in magischen Farben schildert.

 Glen Rubsamen stellt in der Galerie Cosar aus.

Glen Rubsamen stellt in der Galerie Cosar aus.

Foto: Helga Meister

Die Bäume im Gegenlicht sowie die himmlischen Computerfarben haben es Glen Rubsamen angetan. Vor zehn Jahren wirkten die Bilder des Malers aus Los Angeles wie ein Kalifornischer Traum. Er setzte die Palmen, Strommasten und Reklametafeln in das warme Licht eines Sonnenuntergangs oder in einen farbig schimmernden Abendhimmel. Das Ergebnis waren Postkartenmotive, halb wahr, halb fiktiv. Doch in den letzten Jahren ist der Wahldüsseldorfer, Ehemann der ehemaligen Rektorin Rita McBride, politischer und kritischer geworden. Die Bilder zeigt er in der Galerie Cosar.

Herr Rubsamen, Ihre früheren Palmen im Gegenlicht wirkten nicht politisch motiviert, sondern höchstens ironisch, wie ein Metall-Gestänge. Aber es waren keine Albträume wie jetzt. Wie kommt es zu diesem Wandel im Landschaftsbild?

Rubsamen: Meine Landschaftsbilder handelten vom Ende der Natur, die Palmen waren krank. Daher waren sie für mich auch politisch.

Ich fand sie eher artistisch. Jetzt wirken die Motive ungeheuerlich, vom Fukushima-Desaster über das Kuweitische Ölfeuer bis zu den bengalisch erleuchteten Zwillingstürmen auf Ihren Bildern. Was ist da los?

Rubsamen: Die Palmen von früher erinnerten an die Scherenschnitte des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Tradition heraus entstand ja auch der film noir. Die jetzigen Bilder sind Porträts eines historischen Events.

Sie wirken politisch, gesellschaftspolitisch und wirtschaftspolitisch. Wie kommt es zu einer solch gnadenlosen Sonne?

Rubsamen: Ich hatte die Idee, im Internet zu googeln, um die zehn schlimmsten Katastrophen zu finden. Ich gab bei Google die Frage ein und bekam auf vier Seiten die schlimmsten Ereignisse nummeriert.

Wieso diese Frage?

Rubsamen: Ich wollte einen Weg finden, um meine Arbeit zu radikalisieren. Wir alle müssen das jetzt machen. Wir können nicht ein Bild von einem Baum machen und hoffen, dass die Kombination von Sonnenuntergang und Wirklichkeit es schafft, die Gesellschaft zu aktivieren.

Malend wollten Sie Verantwortung transportieren?

Rubsamen: Ja.

Sie begrüßen die Besucher mit einer riesigen, ekligen, schwarzen, fetten Rauchwolke (Titel: Deepwater Horizon). Das Bild ist auf Holz gemalt. Wie ist es entstanden?

Rubsamen: Der Rauch ist wirklich fett. Ich habe die Farbe auf Holz gesprayt.

Es sieht aus, als hätten Sie auch mit Fettfingern gemalt?

Rubsamen: Ich möchte einen offeneren Malstil bekommen. Mit Ölfarbe, die ich früher benutzt habe, war es zu schwer. Hier ist es eine Kombination aus Malerei und Spray. Und die Wolken habe ich auch etwas mit den Händen verwischt.

Es gibt Maschinen, die grafisch extrem präzis wiedergegeben sind. Haben Sie mit der Lupe gearbeitet?

Rubsamen: Ich will das Grafische und das Malerische kombinieren. Ich habe mit Tesafilm abgeklebt und mit Lineal und ganz kleinem Pinsel gemalt, denn die Ölbohrinsel ist aus Metall. Der Rauch ist Natur, auch wenn er der menschlichen Dummheit entspringt. Ich benutze aber auch das dionysische Feuer aus der griechischen und römischen Mythologie.

Warum sind Ihre Zwillingstürme so verhangen?

Rubsamen: Es gibt eine bekannte TV-Krimiserie „Blue Bloods“, und im Büro des New Yorker Polizeikommissars hängt das Motiv, das ich vom Foto aus dem Fernsehen genommen habe. Aber es ist ein kompliziertes Motiv, denn für viele Amerikaner ist es ein kulturelles Trauma, mit dem sie viele Untaten in Folge entschuldigen.

Und die explosive Sonne zwischen den Türmen?

Rubsamen: Die Twin-Tower-Explosion war auch eine schlimme ökologische Katastrophe, denn Unmengen von giftiger Plastik und Schwermetall gingen in die Luft.

In „Ranch Hand“ ergießt sich ein feuriger Schweif aus einem Flieger auf die Erde. Interessiert Sie das Inferno?

Rubsamen; Es ist wie das Jüngste Gericht, wenn Gott die Menschen in die Hölle schickt.

Ein koloristisches Meisterwerk. Haben Sie an Grünewald gedacht?

Rubsamen: Ja, er malte ja den berühmtesten Höllensturz. Im Vietnamkrieg warf die Luftwaffe Millionen Tonnen Chemikalien auf den Dschungel, um ihn zu entlauben. Das war der Mord an der Natur.

Ein letztes Wort zum Bild „Kettenreaktion“. Was hat es mit dem violett schimmernden Riesenpilz auf sich?

Rubsamen: Es bezieht sich auf eine Skulptur in Santa Monica, die aus Ketten gemacht ist und die Form eines Atompilzes hat. Sie wurde von Joan Kroc finanziert, der Witwe des Gründers der McDonald‘s Fast-Foood-Kette. Die Erbin spendete Abermillionen Dollar für die Anti-Nuklear-Bewegung. Ich habe ein Faible für Kunstwerke in der Landschaft. Hier kombiniere ich die Katastrophe und dem Bild einer Skulptur.

Der schwarze Kern im Innern der Skulptur kontrastiert mit dem kosmischen Licht, das von irgendwo kommt und die Riesenskulptur bestrahlt. Sie lieben den Moment der Magie und Schönheit?

Rubsamen: Es ist nicht einfach, so eine komplizierte Schönheit zu schaffen.

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