George Grosz, der Satiriker seiner Zeit

Das Museum Kunstpalast erinnert an den Berliner Zeichner der Weimarer Republik.

„Passanten“ malte Grosz 1921.

„Passanten“ malte Grosz 1921.

Foto: Horst Kolberg

Düsseldorf. Die Grafische Sammlung im Museum Kunstpalast am Ehrenhof ist ein Fass ohne Boden. Wenn Abteilungsleiterin Gunda Luyken dort auf Schatzsuche geht, entstehen die schönsten Ausstellungen. Diesmal ist es George Grosz (1893-1959), der Satiriker seiner Zeit, von dem das Museum 120 Druckgrafiken und Zeichnungen besitzt.

Große Sammlungen und Stiftungen wie Bronner oder Deutsche Bank steuerten die Aquarelle bei, und so ist die fulminante Schau „Der große Zeitvertreib“ entstanden. In ihr spricht Grosz Probleme wie Krieg, Armut und Beziehungen zwischen den Geschlechtern an, die aktueller denn je sind.

George Grosz kommt als Georg Ehrenfried Gross in Berlin zur Welt. Die Gastwirtsfamilie siedelt 1898 in die Provinz nach Stolp in Pommern über. Mit 16 Jahren meldet sich der Filius an der Dresdner Kunstakademie an, studiert aber nur zwei Jahre, weil ihm das Abzeichnen von Gipsskulpturen wenig gefiel.

1912 zieht er ins pulsierende Berlin zurück und verdient als Karikaturist seinen Lebensunterhalt. Seine frühen Blätter zeigen einsame Männer in Kaffeehäusern. Er selbst ist ein merkwürdiger Vogel, der sich weiß pudert, die Lippen rot schminkt, einen schwarzen Stock liebt und ihn später wie einen verlängerten Zeigefinger benutzt, um seiner Ironie einen besonderen Ausdruck zu verleihen.

1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger, verlässt aber 1915 als „dienstunbrauchbar“ die Armee und ist fürs Leben gezeichnet. Er findet seinen ironischen, bissigen Stil. Er aquarelliert geometrische Farbflächen und zeichnet in sie Silhouetten und Körperteile „realer“ Menschen. Es entstehen die typischen Simultandarstellungen von Figuren in mehreren Positionen.

Sein Thema ist und bleibt der Irrsinn des Krieges und die aus den Fugen geratene Welt. Seine Inspirationsquellen sind jedoch keine Beispiele aus der Kunstgeschichte, sondern Bier- und Whiskyplakate, Zirkuswerbung mit Clowns, Athleten und tätowierte Damen. 1915 lernen ihn die Verlegerbrüder Herzfelde kennen, die 1916 die „Neue Jugend“ herausbringen. Sie machen den Zeichner berühmt.

Eva Peter, eine leicht pummelige Grazie, die er 1920 heiratet und der er ein Leben lang treu bleibt, wird zu seinem beliebten Motiv. Er zeigt sie wie ein Demonstrationsmodell. Während die Männer hochgeschlossene Anzüge und Krawatten tragen, ist Eva durchsichtig bis aufs Schamhaar gekleidet. Der Satiriker benimmt sich zeichnend wie ein frecher Straßenjunge.

1919 tritt er für vier Jahre in die KPD ein und zeichnet 1920 eine hasserfüllte Abrechnung gegen die Militärkaste. Er wird wegen „Beleidigung der Reichswehr“ angeklagt. Die Platten zur Serie „Gott mit uns“ werden vernichtet. Er und seine Verleger müssen Strafe zahlen.

Die Ausstellung im Ehrenhof zeigt Köstlichkeiten, etwa „Lady Hamiltons Schleiertanz“ (1922/23), wobei die kecke Biene vom Lüstling mit stieren Augen, zappelnder Zunge und zupackenden Händen angehimmelt wird.

1922/23 erscheint in einer 10 000er-Auflage „Ecce Homo“, wobei er auf dem Umschlag nicht Christus, sondern einen Zuhälter mit Verbrechervisage darstellt. Er wird wegen „Verbreitung unzüchtiger Schriften“ zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die später zur Geldstrafe umgewandelt wird.

„George Grosz. Der große Zeitvertreib“, Ehrenhof, Museum Kunstpalast in Düsseldorf, bis 17. August, Di-So 11-18, Do 11-21 Uhr; Eintritt: 12, erm. 9,50 Euro.

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