Tanz-Performance : Gelebte Inklusion am Tanzhaus NRW
Düsseldorf Das Engagement des Hauses zeigt sich beispielsweise in Produktionen wie Claire Cunninghams Performance „Thank You Very Much“ oder auch in einem inklusiven Tanzcamp.
Das Wort inklusiv mochte noch vor Jahren bei vielen Menschen eher Assoziationen zu einem All-inclusive-Urlaub wecken. Heute ist es zum Glück so, dass wir zumeist eine Ahnung davon haben, was mit inklusiv und Inklusion gemeint ist, ist es auch, wenn man anfängt sich etwas tiefergehend mit Fragen dieses Themenfeldes zu befassen, gar nicht so trivial zu sagen, was Inklusion allgemein und vor allem im Einzelfall alles bedeutet, was es für Konsequenzen hat, was es impliziert. Schlussendlich geht es wohl darum, dass jeder Mensch mit all dem wie er ist – ob mit schwerwiegenden oder weniger dominanten Einschränkungen, seien sie sichtbar oder unsichtbar, und davon gibt es viel mehr als man glauben mag – so sein können soll, wie er ist; ohne auf Barrieren, auf Ausgrenzung auf übermäßige Fokussierung oder Vernachlässigung zu treffen. Einfach sein.
Die Factory Artist des Tanzhaus NRW Claire Cunningham, ihre Residenz endet übrigens dieses Jahr, hat in ihren Arbeiten ihre Auseinandersetzung mit ihrer ganz eigenen Körperlichkeit – sie nutzt Krücken – aus der „Perspektive als Künstlerin mit Behinderung“, wie es wörtlich auf der Website des Tanzhauses heißt, zum Thema gemacht. Durch ihr Wirken auf verschiedenen Ebenen im und um das Tanzhaus habe sie maßgebliche Impulse für die Weiterentwicklung des Tanzhauses als eine Institution, „die sich als inklusiv versteht“, gegeben.
Als krönenden Abschluss ihrer Residenz hat nun Cunningham ihre beeindruckende Performance „Thank you very much“ im Tanzhaus NRW gezeigt. Gemeinsam mit Dan Daw, Tanja Erhart und Vicky Malin, alle drei ebenfalls Künstler mit Behinderung, widmet sich diese subtil melancholische und packend offene Show einer eigentlich auf den schönen Schein, der Kopie, der Perfektion in Imitation fokussierten Welt. Der Welt der professionellen „Tribute Artists“, Doubles oder Imitatoren, die in unserem Fall bis ins Detail versuchen, die Aura, den Geist, den Stil und das Äußere von Elvis zum Leben zu erwecken. Doch die vier Performer schlüpfen nicht nacheinander in die Rolle eines Elvis-Imitators, inspiriert durch Größen der Szene, sondern nutzen diese Folie auch, um über ihre eigene Identität zu reflektieren, über das, was die Welt von ihnen erwartet, was sie an sich aber wirklich sind und wie sie sind. Was ist normal? Und bin ich nicht automatisch „normal“, wenn ich authentisch bin? Die ästhetische Spreizung zwischen Innensicht und Tribute-Performance lässt in einem ungewöhnlich konstruierten Zwischenraum zwischen Showbühne und Tanzlokal eine Lücke für die bisweilen schmerzhafte Reflektion eines jeden.