Streetart Gegen die Wand: Onis Kunst der Straße

Die 30-Jährige ist Streetartist und nutzt die Stadt als Galerie — weil das illegal ist, verbirgt sie sich hinter ihrem Künstlernamen.

Oni arbeitet mit Paste-Ups, selbstkreierten Plakaten, die an Wände geleimt werden. Ihr liebstes Motiv sind Kinder und junge Erwachsene. Das Paste-up links auf dem Foto befindet sich am Capitol-Theater in Flingern-Süd, das rechte Bild am Volksgarten.

Oni arbeitet mit Paste-Ups, selbstkreierten Plakaten, die an Wände geleimt werden. Ihr liebstes Motiv sind Kinder und junge Erwachsene. Das Paste-up links auf dem Foto befindet sich am Capitol-Theater in Flingern-Süd, das rechte Bild am Volksgarten.

Düsseldorf. Kunst ist ein großer Begriff. Denn Kunst kann monumental und wichtig sein. Und manchmal kann sie auch weg. Das liegt alles im Auge des Betrachters. Allerdings: Wenn Oni von ihrer Kunst redet, dann redet sie von einer Kunst, die nicht weg kann — auch wenn sie nicht im Museum hängt und von allen Seiten beleuchtet wird. Onis Kunst ist Street Art. Die Kunst der Straße.

Bilder, die an Wänden und Mauern zu sehen sind. Und Oni heißt natürlich auch nicht Oni. Das ist ihr Künstlername. Den muss sie anstelle ihres bürgerlichen Namens verwenden, weil sie sich im Graubereich der Legalität bewegt, sobald sie der Stadt und den Menschen ihre Bilder schenkt. Denn genau darum geht es der 30-Jährigen, wenn sie wieder einmal loszieht, um in Düsseldorf eine freie Stelle zu suchen: „Ich will etwas machen, was für alle da ist“, sagt sie.

Diese Menschlichkeit sei schließlich der Grundgedanke der Street Art. Schon seit ihren Anfängen im New York der 70er Jahre: „Damals wurden mit Bildern Nachrichten durch die Stadtteile geschickt. Das war ein sozialer Kontext: Die Menschen in den armen Vierteln haben sich mit Street Art dagegen gewehrt, übersehen zu werden.“ Und dieses „Ich bin auch noch da und möchte wahrgenommen werden“ sei die Essenz: „Ich hinterlasse Spuren in der Welt. Mein Leben ist in großen Teilen fremdbestimmt — und durchs Malen nehme ich mir ein Stück meines Lebensraumes zurück und gestalte meine Umwelt.“

Negative Erfahrungen habe sie beim Malen bislang noch nicht gemacht. Oni zieht auch nicht nachts mit Sturmmaske über dem Kopf und Taschenlampe bewaffnet los, wenn sie malen will, sondern tagsüber. „Da kommen dann auch mal Leute vorbei. Gemotzt hat noch keiner. Viele loben eher die Bilder, die ich da anbringe.“

Es sind so genannte Paste-Ups: Bilder auf Plakaten, die schnell und rückstandslos wieder entfernt werden können. Das betont Oni. „Sie bleiben nicht für immer. Es ist Kunst, die sich wandelt. Das Stadtbild verändert sich durch sie immer wieder.“ Das sei für sie ein schöner Gedanke: „Es führt dazu, dass jeder, der mit offenen Augen durch die Stadt geht, immer wieder Neues sieht und genießen kann.“ Kunst als Leben. Lebendige Kunst. Oni malt am liebsten Porträts. Vor allem von Kindern und jungen Menschen. Das ist quasi ihr „Fingerabdruck“. Die Bilder bestehen aus weichen Linien und nicht zu grellen Farben und strahlen gleichzeitig eine beeindruckende Sanftheit wie eine tiefe Kraft und Urgewalt aus. „Kinder haben einen besonderen Blick. Viel direkter. Bei ihnen läuft die Kommunikation über die Augen“, sagt Oni. Diese Augen erzählten ihr, der Künstlerin und Betrachterin, was diese Jungen und Mädchen alles schon erlebt haben. Überhaupt: „Kinder haben noch nie in ihrem Leben etwas falsch gemacht. An ihnen stellt sich für uns die Frage: Was für eine Zukunft gestalten wir für diese unschuldigen Geschöpfe?“

All das mache sie liebenswert, schützenswert — und interessant für eine Malerin. Wer Bilder von Oni sucht, der findet sie vor allem am Rhein. Aber auch in Bilk oder Flingern hat sie schon gemalt. An den typischen „Hot-Spots“ der Street-Art-Künstler also, zu denen des Weiteren die Viertel rund um Zoo, Lessingplatz, Fürstenplatz und Oberbilk gehörten. Die Mitglieder der Szene, sagt sie, hätten schon Kontakt untereinander. Es gebe regelmäßig kleine Ausstellungen oder Partys, bei denen sich die Künstler treffen. Aber es sei ein eher loser Kontakt. „Die Familiennamen der anderen wissen wir meist auch nicht.“ Street-Art-Künstler arbeiten eben hauptsächlich im Stillen. Der Hauch von Aufbegehren ist ihr Rückenwind.

Oni betont, dass sie — entgegen einer weit verbreiteten Meinung über ihr Metier — durchaus Street Art von Schmiererei unterscheiden könne. Das sei sogar essenziell, denn: „Wenn die Oma aus dem Haus gegenüber irgendein stinknormales Fortuna-Logo auf der Mauer sieht, dann regt sie sich auf und denkt, das sei Street Art.“ Sei es natürlich nicht. Es gehe immer um die Kunst, das Schöne, die Ästhetik. Ihr selbst ja auch. Und zwar nicht erst seitdem sie vor etwa vier Jahren mit dem Malen im öffentlichen Raum angefangen habe: Die Liebe zum Malen hegte sie bereits als Kind. Es ist immer schon ihre zweite Leidenschaft gewesen. Die andere ist die Musik: Oni ist klassische Musikerin. Sie macht das hauptberuflich und verdient damit ihr Geld, was sie für „ein großes Glück“ hält. Ein Leben „ohne“ Leidenschaft ist für Oni nicht denkbar. Nicht ohne Instrument. Und nicht ohne Pinsel.

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