Düsseldorfer Kunstszene Frischer Wind für die Kunstszene

Düsseldorf · Simone Macks und Gabi Luigs fordert mehr Miteinander in der Kunstszene. Helfen sollen Off-Räume – und ein neuer Gemeinsinn.

 Simone Mack bietet eine virtuelle Ausstellung an und will den Austausch von Künstlern fördern.

Simone Mack bietet eine virtuelle Ausstellung an und will den Austausch von Künstlern fördern.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Off-Räume, Schaufensterausstellungen und digitale Galerien – vor allem für angehende Künstler bietet die Kunstszene in Düsseldorf ein breites Angebot an Ausstellungsmöglichkeiten abseits der großen Galerien. Gabi Luigs ist Mitinitiatorin vieler Off-Räume in Düsseldorf, führt digital durch Ausstellungen, präsentiert Künstlerinnen im öffentlichen Raum und stellt ihre Videoporträts online. Auch die Düsseldorferin Simone Mack ist darunter. Beide setzen sich für frischen Wind in der Szene ein.

Da viele Galerien, Ateliers und Off-Räume durch die Pandemie für den Publikumsverkehr geschlossen sind, hatte Luigs die Idee eines digitalen Ausstellungsbesuchs. Dazu besucht sie Galerien, Off-Räume und Ateliers, lässt sich von den jeweiligen Künstlern durch die Ausstellung führen und begleitet das mit einem Livestream. Dort können die Zuschauer Fragen stellen, die live von den Künstlern beantwortet werden. Jeden dieser Streams bereitet Luigs intensiv vor und informiert sich über die Werke, die ausgestellt werden.

Angefangen habe das Ganze mit einem Kurs bei der Volkshochschule, den sie schon vorher öfter geleitet hatte, sagt Luigs: „Dabei würde ich eigentlich zusammen mit den Leuten durch die Ausstellung gehen – habe das wegen Corona aber einmal digital angeboten.“ Anschließend habe sie das Projekt privat weiterverfolgt und ausgebaut.

Daneben begleitet Luigs bei einem weiteren Projekt seit einem Jahr ausschließlich Künstlerinnen und besucht sie in ihren Ateliers. Dazu sei sie fast täglich bei Künstlerinnen zu Gast, sowohl bei Akademiekünstlern als auch bei Quereinsteigern. Mit kurzen Filmen begleitet sie beispielsweise den Entstehungsprozess eines Kunstwerks und beleuchtet dabei auch den „Kunstkosmos“ der Künstlerinnen, also die Sicht der Künstlerin auf die Welt. So war sie in der Vergangenheit unter anderem schon bei Eliza Wisniewska, Ewa Jaczynska und Inessa Emmer zu Gast. Eine der Künstlerinnen, die Luigs besuchte, ist Simone Mack. Sie hat an der Kunstakademie Bildhauerei und Malerei studiert und die Hochschule der Künste Berlin als Meisterschülerin abgeschlossen. Seitdem arbeitete sie als Kunst- und Musiklehrerin, gründete im Jahr 2012 eine eigene private Kunstschule für Bildhauerei und Malerei und ist durchgehend als freie Künstlerin aktiv.

Mack: Wir brauchen Räume,
die wir uns erobern

Unter dem Titel „Looking Through“ stellte Mack bis zum 11. März in der Galerie OK25 Fotografien, Malereien, Skizzen und Skulpturen aus. Die Ausstellung wurde ebenfalls von Luigs videografisch als digitale Ausstellungsführung begleitet und ist auf der Website der Künstlerin zu finden. Herzstück der Ausstellung war die Fotoserie mit dem gleichnamigen Titel. Die Bilder wurden in der Fondation Beyeler in Riehen in der Schweiz durch Leinenrollos aufgenommen. Die Fotos zeigen Menschen im Park des Museums; die Motive wirken durch die Leinenrollos und das speziell dafür ausgewählte Fotopapier allerdings wie gemalt und stellen damit eine Beziehung zwischen Fotopapier und Leinwand sowie Fotografie und Malerei her.

Auch Mack setzt sich für Off-Räume, neue Ideen, Kooperation und gegenseitige Unterstützung in der Kunstszene ein. Als Tochter des Düsseldorfer Bildhauers und Malers Heinz Mack kam sie bereits von Kindesbeinen an in Kontakt mit der Kunstszene. Dabei erlebte sie auch die Spaltung der Kunstwelt, „zwischen einer erstrebenswerten freien Gestaltungsidee und der Anpassung an eine sich immer stärker verfestigende Konsumwelt“, sagt Mack. „Ich erlebe Künstlerfreunde, die mehr Zeit am Computer verbringen, um im Networking präsent zu sein, als im Atelier etwas zu erschaffen.“

Mack sieht vor allem das Konkurrenzdenken der Künstler untereinander als großes Problem. „Ich glaube, dass wir Künstler das gegenseitige Konkurrenzgebahren um unsere Positionierung in diesem Kunstmarkt ablegen sollten.“ Denn: „Das Betteln um bezahlbare Atelierräume, um Fördergelder und Stipendien führt meines Erachtens genau zu der kleinlauten, geduckten Haltung von gegenseitiger Konkurrenz, etwas, das jede Kreativität und unser Selbstbewusstsein und jede Art von Idealismus hemmt.“

Stattdessen sollten sich Künstler zusammenschließen und durch Kooperationen und Unterstützung „mental und faktisch und unabhängig vom Kunstmarkt“ alternative Präsentationsmöglichkeiten aufbauen: „Wir brauchen Off-Räume, die wir uns selber erschaffen und uns erobern. Wir sollten uns wieder zusammentun, um für etwas zu kämpfen, was der Staat uns nicht sponsern kann: Unsere Freiheit, unsere Kritikfähigkeit, unseren Idealismus, um mit künstlerischen, freien Konzepten und Ideen, Verwirklichungen anzustreben, die nicht für einen Kunstmarkt zurechtgeschnitten sind, sondern für eine positive, kreative Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, die alternative Konzepte wirklich nötig hat.“

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