Flechtheim-Datenbank sorgt für Ärger

15 Museen beteiligen sich an der Aufarbeitung des verfolgten, jüdischen Galeristen. Doch die Erben üben scharfe Kritik.

Düsseldorf. Der Galerist Alfred Flechtheim (1878-1937) gehörte zu den Protagonisten der Kunstszene im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Sein Einsatz für den rheinischen Expressionismus, die französische Avantgarde und die deutsche Moderne machte ihn berühmt. Am Mittwoch auf den Tag genau vor 100 Jahren eröffnete er seine erste Galerie in Düsseldorf. Dort wurde jetzt als Hommage auf den großen „Kunsthändler der Avantgarde“ die Online-Datenbank alfredflechtheim.com freigeschaltet. Sie ist das Projekt von 15 deutschen Museen.

Die Webseite gibt Informationen zu 324 Arbeiten, die einst durch die Hände des legendären Kunsthändlers gegangen sind und die sich heute in den öffentlichen Instituten befinden. Das ist kein leichtes Unterfangen, denn Flechtheims Privatsammlung und sein Galeriebestand wurden in alle Welt verstreut.

Flechtheim war Jude, seine Ware galt als „entartet“. Seine Kunsthandlungen in Düsseldorf und Berlin wurden bis 1935 liquidiert. Er selbst floh nach London, wo er 1937 im Alter von nur 59 Jahren starb. Seine Witwe Betty brachte sich um. Flechtheim geriet in Vergessenheit.

Erst der Großneffe Michael Hulton, Narkosearzt in San Francisco, betreibt mit Unterstützung von Rechtsanwälten in Deutschland und Amerika Rückgabeforderungen. Und die sind gravierender, als sich das die teilnehmenden Projektpartner gedacht haben. Am Mittwoch platzte die Bombe. In einer Gegen-Pressekonferenz zwei Stunden nach Freischaltung der Datenbank lud Hulton zum Gespräch über die „offenen Streitfälle“ aus München und Düsseldorf.

Die Fronten sind verhärtet: Hulton kritisierte, dass weder die Kunstsammlung NRW noch die Bayerischen Staatsgemäldegalerien den direkten Dialog über die Restitution suchen. Es gehe dabei um die Rückgabe wertvoller Gemälde von Paul Klee, Juan Gris und Max Beckmann. Millionenschwere Filetstücke in deutschen Museen.

Zu Düsseldorf sagte Hulton: „Man spekuliert nach wie vor darauf, dass es sich bei Klees ,Federpflanze’ und Gris’ ,Nature morte’ um Kommissionsware gehandelt habe.“ Das sei falsch, denn in den 20er Jahren hätten die Bilder als Privatsammlung Flechtheim gegolten. Das Gris-Bild habe sogar in Flechtheims Wohnung gehangen. Leider sei es zu keinem persönlichen Gespräch mit Düsseldorf gekommen, sondern nur zu einem schriftlichen Austausch. In München geht es um sechs Gemälde Beckmanns, dazu um Werke von Gris und Klee, wo man unzureichende Antworten, aber keinerlei Gespräch bekommen habe.

Die Erben Flechtheim planen eine Stiftung, die aus Mitteln des Flechtheim-Nachlasses finanziert wird.

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