Flamenco-Festival mit Tanz-Göttin Mercedes Ruiz

Der Auftritt der jungen Spanierin eröffnet das zehntägige Flamenco-Festival.

Zugaben enthüllen manchmal erstaunliche Talente. Als der Auftritt der Compañia Mercedes Ruiz im Tanzhaus dem Ende entgegen geht, versammeln sich alle Mitwirkenden zu einem Lied. Plötzlich schert der Percussionist Perico Navarro aus und legt unter dem tobenden Beifall des Publikums ein kleines Tänzchen hin. Es war das ironische Surplus eines Abends, der ansonsten ganz im Zeichen der Flamenco-Göttin Mercedes Ruiz stand.

Mit ihrem Programm "El baile des Mercedes Ruiz" ("Der Tanz der Mercedes Ruiz") eröffnete sie im Tanzhaus NRW das Flamenco-Festival, das noch bis zum 13. April dauert. Der Auftakt war insofern brillant gewählt, als die Ausnahmetänzerin ohne Zigeuner-Mythos und Folklore-Anleihen auskommt. Der Flamenco der Mercedes Ruiz ist reiner Tanz, in Form gefasste Emotion - ohne Pathos oder erzählerisches Substrat.

Schon der Beginn im Dunkeln mit schleifenden Geräuschen ist pure Ahnung. Dann steht sie da im schwarzen Hosenanzug mit Weste. Der ruhige Akkordstrom von Gitarrist Santiago Lara wird synkopiert mit ruhigen Armhebungen, kurzen Drehungen voller Zartheit und Erwartung.

Dann, angefeuert durch den Percussionisten Perico Navarro und die Gesangslinien von Londro und David Lagos, ein unaufhaltsames Beschleunigen, ein Accelerando der Leidenschaft, das sich in abrupte Wendungen und rasendem Stakkato der Füße Ausdruck verschafft. Und dann wieder die Zurücknahme, ohne auch nur ein Gran an Spannung zu verlieren.

Der Flamenco der 1980 geborenen Mercedes Ruiz ist modern, ohne auf Fusionselemente oder folkloristische Volant-Orgien zurückzugreifen. Alles ist Ausdruck, selbst die eng anliegenden Kostüme vom Hosenanzug bis zum roten Kleid. Es sind Kostüme, die ihre schlanke Körpervertikale betonen und so den Kontrapunkt zwischen der Rhythmik der Füße und den ausgefeilten Handdrehungen, den so genannten "Floreos", hervorheben.

Meisterhaft dann der Auftritt in einem weißen Kleid mit Schleppe, der "Bata de Cola", die sich seit der Jahrtausendwende einer Wiederbelebung erfreut. Mercerdes Ruiz beherrscht den Umgang damit derart virtuos, dass vom Bodenschleifer bis zum eleganten Schwung die "Bata de Cola" kaum als Kostümaccessoire, sondern als Teil des Körpers der Tänzerin wahrgenommen wird.

Kein Zweifel, die junge Flamencointerpretin ist eine der ganz Großen ihres Fachs, die nicht umsonst 2007 im Flamenco-Mekka im andalusischen Jerez mit dem Kritikerpreis geehrt wurde.

Dass sie im Mai dieses Jahres in Wolfsburg zudem den renommierten "Movimento Tanzpreis" erhält, zeigt, dass das Tanzhaus NRW mal wieder den richtigen Riecher hatte.

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