Theater „Es soll ein fesselnder Abend werden“

Nicole Heesters spielt mit 78 die Staatsanwältin in dem ersten Theaterstück von Ferdinand von Schirach. Am Sonntag ist Premiere.

Nicole Heesters steht ab Sonntag in „Terror“ auf der Schauspielhaus-Bühne.

Nicole Heesters steht ab Sonntag in „Terror“ auf der Schauspielhaus-Bühne.

Foto: DY/dpa

Düsseldorf. Schuldig oder unschuldig? Diese Frage wird am kommenden Sonntag im Schauspielhaus gestellt. Und zwar dem Publikum. In „Terror“, dem ersten Theaterstück von Ferdinand von Schirach, das jetzt schon als das „bemerkenswerteste neue Stück der Spielzeit“ (Deutsche Bühne) gerühmt wurde und an 16 deutschen Theatern gespielt werden soll. Es geht um den Abschuss einer Verkehrsmaschine mit 164 Passagieren, die von Terroristen auf ein mit 70 000 Besuchern gefülltes Stadion gelenkt wird.

Das Stück ist das erste Theaterstück von Ferdinand von Schirach.

Das Stück ist das erste Theaterstück von Ferdinand von Schirach.

Foto: DY/dpa

Durfte der Luftwaffenmajor Lars Koch die Passagiere opfern, um Zigtausende zu retten? Oder ist er des 164-fachen Mordes schuldig? Auf diese Frage zielt das Stück, das, zwei Wochen nach der Uraufführung in Berlin und Frankfurt, am 18. Oktober Premiere im Großen Haus feiern wird. In der Rolle der Staatsanwältin: Nicole Heesters, Tochter der verstorbenen Legende Jopi Heesters, eine gefeierte Bühnen- und Fernseh-Künstlerin, die nach langer Zeit mal wieder am Gustaf-Gründgens-Platz auftritt. In einer Probenpause sprachen wir mit ihr.

Frau Heesters, wie würden Sie als Privatperson abstimmen?

Nicole Heesters: Trotz langer Proben weiß ich es bis heute nicht. Das ist eine sehr grundsätzliche Frage; denn wir leben ja in einem geordneten Rechtsstaat. Bei der Entscheidung 164 gegen 70 000 Menschen darf das Recht des einzelnen Menschen nicht vergessen werden. In Berlin und Frankfurt hat das Publikum den Major freigesprochen. Ich bin neugierig darauf, wie die Düsseldorfer abstimmen werden.

Ein ungewöhnliches Ende im Theater. Ist das für Schauspieler eine Herausforderung?

Heesters: Oh ja, denn wir wissen ja nicht, wie es ausgehen wird. Es verlangt noch mehr Konzentration als sonst. Denn der Zuschauer muss wissen, dass es hier nicht um Halli Galli, sondern um ein Thema geht, das uns alle betreffen kann. Zumal nach dem herbeigeführten Absturz der German-Wings-Maschine im März. Aber „Terror“ ist ein glänzend geschriebener Text. Ob es auch ein gutes Theaterstück ist, werden wir sehen. Wir arbeiten daran, es zu einem fesselnden Theaterabend zu machen.

Die Staatsanwältin ist im Original auch eine Frau.

Heesters: Ich weiß, dass ich 78 bin und dass Staatsanwälte mit 65 in Pension gehen. Als Günther Beelitz und Regisseur Kurt Josef Schildknecht mir aber die Rolle anboten, habe ich sofort zugesagt, weil ich schon beim Lesen sehr aufgeregt war.

Durch Kriminalfilme im TV sind Sie ja einem breiten Publikum bekannt. Häufig waren Sie in bösen Rollen oder als unnahbare, strenge Frau mit vielen Kanten zu sehen.

Heesters: Ach, das Fernsehen. Das braucht immer Schubladen. Ich weiß nicht, warum ich so schreckliche Figuren spielen muss(te). Ich bin doch ein netter Mensch, oder? Vielleicht ja, weil ich, von Natur aus, eine dunkle Stimme habe. Nach dieser Regel wären aber Menschen mit dunklen Stimmen immer böse. Das ist doch Blödsinn, oder? Aber egal, welche Schublade. Wichtig ist, dass sie auch aufgezogen wird.

Sie haben aber dem Fernsehen Ihre größten Erfolge zu verdanken.

Heesters: Das stimmt nicht. Ich bin in erster Linie Theaterschauspielerin. Und habe gerade noch in Wien Thomas Bernhard und in Mannheim die Bernarda (in Lorcas „Bernarda Albas Haus“) gespielt. Mit Begeisterung. Aber ich nehme auch gerne Fernsehrollen an; denn ich habe zwei Kinder und fünf Enkel und kann sie auch ein wenig unterstützen.

Denken Sie ans Aufhören?

Heesters: Ich habe Glück, immer noch einige interessante Angebote zu bekommen. Und Texte lernen und auftreten sind halt gute Übungen für Kopf und Körper.

Wollen Sie so lange wie Ihr Vater auftreten?

Heesters: Ich glaube nicht, dass ich so alt werde wie er. Aber ich hoffe, dass, wenn’s nicht mehr geht, mir gute Freunde sagen: Stopp!

Stört es Sie, dass viele sagen, das ist die Tochter von …?

Heesters: Nein, es ist ja die Wahrheit. Und Jopi war ein großartiger Vater mit einem großen Wissen. Er hatte aber noch mit 108 eine Sehnsucht, auf der Bühne zu stehen.

Welche Beziehung haben Sie zu Düsseldorf?

Heesters: Eine tiefe. Hier hatte ich eines meiner ersten Engagements (neben Hamburg, Berlin, Bochum und Wien), mein 2010 verstorbener Mann Pit Fischer war Düsseldorfer, und meine Kinder (Saskia ist ebenfalls Schauspielerin und TV-Ermittlerin) sind hier geboren. Und die Schwester meines Manns lebt noch hier.

Sind Sie eigentlich ein politischer Mensch?

Heesters: Nein. Aber ich bewundere Menschen mit einem politischen Standpunkt, so wie die Merkel. Auch wenn ich sie nicht gewählt habe, finde ich es großartig, wie konsequent sie ihre Haltung in der Flüchtlingsfrage verteidigt, selbst gegen Parteifreunde, Vorurteile und Gefühle. Das berührt mich sehr; denn unser Land wird sich dadurch verändern.

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