Tag der Architektur Entree hinter Denkmal im Bauhaus-Stil

Was sich an Überraschungen hinter den Mauern der Straße Im Grund 79 alles verbirgt.

Tag der Architektur: Entree hinter Denkmal im Bauhaus-Stil
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. An diesem Wochenende lässt sich die Architektur hautnah erleben. 15 Häuser aller Art können besichtigt werden, vom Jugendcafé über eine umgebaute Kirche bis zum Geschoss-Wohnungsbau, vom Wohnloft bis zu einer gynäkologischen Praxis. Sogar der noch kahle Campus der Fachhochschule am neuen Standort Münsterstraße 156 gehört dazu. Ein Muss zur Besichtigung aber sind zwei Gebäude-Komplexen in Lohausen. Sie sind so unvergleichlich schön, dass die WZ sie besonders empfiehlt.

Sie liegen auf dem Grundstück Im Grund 79 und 79 a+b, 300 Meter von der Einflugschneise des Flughafens entfernt. Von außen gibt es keinen Einblick. Man muss klingeln und ist dann völlig überrascht, plötzlich drei Häuser vor sich zu haben. Es gibt ein Haus zum Schlafen und Wohnen, eines zum Arbeiten und im Hintergelände das Bauhaus-Gebäude des einstigen Akademie-Direktors Walter Kaesbach, der nur vier Jahre dort lebte, bevor die Nazis ihn verjagten.

Tag der Architektur: Die Liebe zum Bauhaus-Stil
17 Bilder

Tag der Architektur: Die Liebe zum Bauhaus-Stil

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Das Ehepaar Rita und Norbert Kaiser besaß 14 Jahre lang die Backsteinvilla aus der Bauhaus-Zeit. Es hatte die Villa nach dem Tode von Kaesbachs Ex-Studentin Ruth Horadam-Bene gekauft. Aber mit 300 Quadratmetern wurde ihnen das Areal zu groß. So verkauften sie das Gebäude und bauten neu, neben der alten Garage an der Straße. Den denkmalgeschützten Garten der Villa durften sie nicht halbieren.

Es entstanden zwei hohe Boxen in Holzständerbauweise. Das Wohn- & Schlafhaus hat nur 45 Quadratmeter Grundfläche, aber ist sieben Meter hoch. Es besteht aus einer Zelle mit Schlafgalerie. Der Boden ist aus bloßen Straßenpflastersteinen und setzt sich nahtlos nach draußen in den Garten fort. In die angrenzende Garage ist die Küchennische eingebaut. Dort ist der Boden aus einem ungewöhnlichen Aluminiumguss. Lange Vorhänge verdecken die Treppe zur Empore. Die Außenhaut aber ist eine bloße Hülle aus Zinkblech. Hausherr Kaiser vergleicht sie mit einem übergeworfenen Tischtuch.

Das Arbeitshaus ist ein beispielhaftes Experiment, debb es besteht aus imprägniertem Hartholz, das übereinandergestapelt ist. Die inneren Wände sind simple Dachlatten. Die Außenseiten sind schwarz, die Innenseiten mit weißem Sumpfkalk geschlemmt. Die Glaswand zum Garten hat der Hausherr auf Schwerlastrollen gesetzt, so dass sie komplett zur Seite geschoben werden kann.

Kaiser, von Haus aus Bauingenieur, hat das Gebäude mit seiner Frau entworfen und die Baupläne über einen Architekten von der Bauaufsicht absegnen lassen. Als Projektleiter so großer Architekten wie Jean Nouvel und Norman Foster weiß er, wie schwer es ist, außerhalb der Norm zu bauen. Nun hat er beim eigenen Bau selbst Hand abgelegt und empfiehlt dies auch anderen Häusle—Bauern. „Das Selbermachen beim Hausbau macht einfach Spaß“, sagt er.

Über den schmalen Haselweg geht es ins dritte Gebäude, zur Kaesbach-Villa. Dies ist ein Backstein-Gebäude von 1929, mit Fugen, Fenstern und Türen aus der Zeit. Über Treppen aus Betonwerkstein geht es zum Haupteingang. Dort begrüßt ein farbiges Mosaik mit vielen Glöckchen,, das dem Künstler Heinrich Campendonk zugeschrieben wird.

Die Architekten Wolfgang und Jasmin Sigg haben den Bau vor drei Jahren gekauft und alles rausgeworfen, was etwa an „Schöner Wohnen“ erinnert. Einrichtungshäuser müssen entsetzt sein, wenn sie diesen Purismus sehen. Das Entree vom Garten aus wirkt beim ersten flüchtigen Blick wie leer gefegt. Angesichts eines grauen Kubus ahnt man kaum, dass es sich um einen Herd handelt. Ein großer Tisch zum Essen, Debattieren und Arbeiten ist alles.

Wie die Innenarchiteken fast ohne Möbel auskommen, zeigen sie im zweiten Obergeschoss. Dort hatte Kaesbach seine Sammlung moderner Kunst etwa von Paul Klee in einem Salon. In Erinnerung an ihn haben die jetzigen Eigentümer ein großes Bild von Tapiès aufgehängt. Am Fenster steht ein Doppelbett. Ein schwarzer Kubus entpuppt sich als Sanitäranlage. Das Beste ist das Bad. Es ist hinter einem Wandschlitz verborgen. Man muss hineinkriechen und sich auf die schwarzen Steine legen, um zu baden und zu duschen.

Hinter einer weißen Mauer hängt die Garderobe, ordentlich in Schwarz und Weiß aufgeteilt. In einem Einbauregal sind Pullover und Hemden verstaut. Ansonsten gibt es großformatige, wandfüllende Bilder. Und zwei Menschen, die voller Überzeugung erklären: „Wir lieben dieses Haus im Bauhaus-Stil.“

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