Elektrisierende Klänge in der Tonhalle

Nikolai Tokarev und das Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Yakov Kreizberg steigern sich nach der Pause.

Düsseldorf. Mit seinen 27 Jahren gehört er schon zu den Größen unter den Pianisten der Welt, der Russe Nikolai Tokarev, der sein Konzertexamen im vergangenen Jahr an der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule ablegte. Der smarte Musiker, der nie im Frack auftritt, sondern lieber etwas legerere Outfits wählt, verfügt über vieles, was einen erstklassigen Klaviervirtuosen ausmacht: stupende Fingertechnik, vitale Kondition und hohe musikalische Sensibilität. Wie schön sich das zusammenfinden kann, zeigte er nun in der Tonhalle an Peter Tschaikowskys berühmtem Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23. Ihn begleitete das Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Leitung von Yakov Kreizberg.

Bereits die einleitenden monumentalen Des-Dur-Akkorde - eine Art Markenzeichen des vielleicht populärsten aller Klavierkonzerte - klingen bei Tokarev inbrünstig. Da klingt nichts abgedroschen oder routiniert, vielmehr energiegeladen und emotional elektrisierend.

Und in dieser emphatischen Art geht es auch weiter. Die technischen Hürden, die Tschaikowsky den Pianisten aufstellt, nimmt Tokarev mit athletischem Schwung, vor allem für die gefahrvollen Augenblicke des 3. Satzes erweist er sich gerüstet und stellt sich ihnen mit dem Heldenmut eines Löwenbändigers.

Im Vergleich mit den größten Virtuosen unserer Zeit fällt dennoch auf, dass hoher Temporeichtum gar nicht so sehr Tokarevs Domäne zu sein scheint.

Ein singuläres Naturtalent wie Martha Argerich oder ein klaviertechnisches Kraftpaket wie Arcadi Volodos sind Tokarev an Virtuosentum noch deutlich überlegen. Man kann das merken an leichten Undeutlichkeiten, wenn Tokarev bewusst an Tempo zulegt. Wo eine Argerich weiterhin klar artikuliert, wird es bei Tokarev neblig. Dabei hat dieser es gar nicht nötig mit Schnelligkeit zu prahlen. Am schönsten und gehaltvollsten spielt er, wenn er sich Zeit lässt. Ganz besonders deutlich wird das an den lyrischen Stellen, vor allem im 2. Satz.

Unterdessen begleitet das von Kreizberg geleitete Orchester aus Monte-Carlo zuverlässig, aber leider nicht unbedingt geschmeidig. Das Klangbild wirkt stumpf, die Artikulation starr. Man steigert sich aber nach der Pause bei Sergej Rachmaninows schwelgerischer 2. Symphonie. Starker Beifall im gut besuchten Saal.

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