Abitur im Lockdown Lessings Nathan ist bei „Insta“

Düsseldorf · Um Abiturienten bei ihren Vorbereitungen auf ihre Prüfungen zu unterstützen, hat das Schauspielhaus einen neuen Account auf Instagram rund um „Nathan der Weise“ ins Leben gerufen.

 Auf dem Instagram-Account liefern auch Jan Maak (Nathan) und Cennet Rüya Voß (Recha) Einblicke.

Auf dem Instagram-Account liefern auch Jan Maak (Nathan) und Cennet Rüya Voß (Recha) Einblicke.

Foto: Thomas Rabsch

Die Corona-Krise hat die Theaterbranche nach über einem Jahr noch immer fest im Griff. Auch für die mobile Aufführung von Lessings „Nathan der Weise“ des Düsseldorfer Schauspielhauses ist vorerst ein Auftrittsverbot verhängt. Doch auf Instagram hat das Projekt übergangsweise eine neue Heimat gefunden und richtet sich dort vor allem an Schüler.

Auf der Social-Media-Plattform lädt das Schauspielhaus auf dem für das Projekt erstellten Account „nathan.to.go“ täglich Videos, Zitate, Faktenchecks und mehr hoch. Das Projekt soll für Schüler und Abiturienten eine Anlaufstelle bieten, die sich in Vorbereitung auf ihr Abitur intensiv mit Nathan auseinandersetzen müssen. Mehr als 340 Abonnenten hat der Account in den vergangenen Wochen so gewonnen.

In Gotthold Ephraim Lessings „Nathan“ geht es um den namensgebenden Juden Nathan, der mit seiner Pflegetochter Recha zur Zeit des Dritten Kreuzzugs (um 1190) in Jerusalem lebt. Als er von einer Geschäftsreise zurückkehrt, erfährt er, dass der junge christliche Tempelherr Recha aus einem Feuer gerettet hat. Dieser war zuvor selbst von Sultan Saladin als einziger von 20 Gefangenen verschont und nicht hingerichtet worden, da der Tempelherr ihn an seinen verstorbenen Bruder erinnerte. Im Verlauf des Stücks verlieben sich Recha und der Tempelherr und wollen heiraten – Nathan zögert jedoch, seine Einwilligung zu geben. Es stellt sich heraus, dass Recha und der Tempelherr Geschwister sind und ihr Vater der Bruder Saladins war.

Bei der Gestaltung des Instagram-Accounts orientieren sich die Verantwortlichen am Lehrplan der Abiturienten. Theaterpädagoge Thiemo Hackel ist dafür zuständig, dass die Fragen der Lehrer und die Aspekte des Lehrplans im Projekt berücksichtigt werden. Entsprechend finden sich auf dem Kanal Porträts der einzelnen Charaktere, aber auch Erklärungen zur Ringparabel oder einzelnen Kapiteln des Stücks.

Er sei aber auch dafür zuständig, „dass es den Zeitgeist trifft“ und „dass man ins Gespräch kommt, sei es über Kommentare oder Nachrichten“, sagt Hackel. Denn die Schüler haben auf Instagram auch die Möglichkeit, Fragen zu „Nathan“ zu stellen, die dann von den Mitarbeitern des Theaters beantwortet werden.

Auch die Darsteller der Charaktere kommen zu Wort

Darüber hinaus will das Instagram-Projekt aber mehr als nur die Lehrplansicht des Stückes wiedergeben. Zu Wort kommen auch die Darsteller der Charaktere, die tiefer in die Motivationen Nathans, des Tempelherren und der anderen blicken lassen. „Wir haben versucht, den Schülern etwas an die Hand zu geben, das in der Schule vielleicht nicht so vermittelt wird“, sagt Jonas Friedrich Leonhardi, der den Tempelherrn spielt. Hinterfragt werden auch die Einordnungen der Charakter: Ist Nathan ausschließlich gut, oder hat er auch Schattenseiten? Und wie steht es um den Tempelherrn?

Leonhardi bietet dabei etwa Einblicke in die Psyche des Tempelherrn, der auf den ersten Blick durch einige judenfeindliche Äußerungen als der „Böse“ des Stücks erscheinen mag. „Später merkt man aber: Der macht sich ziemlich viele Gedanken um die Welt, und er merkt selbst, wie auch er gefangen ist in seinem Glauben und Weltbild“, sagt Leonhardi.

Doch das Projekt möchte noch weitergehen. „Wir wollen auch fragen: Was hat das Ganze eigentlich mit uns zu tun, und warum erzählen wir diesen alten Schinken heute noch?“, sagt Thiemo Hackel. „Denn ,Nathan’ ist hochaktuell.“ Im Kern geht es in dem Stück um die Beziehung und den Konflikt der drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. Dabei, so schlussfolgert Lessing am Ende, sind die drei Religionen gar nicht so weit voneinander entfernt, wie die Konflikte es erscheinen lassen. Um auch auf diese Thematik näher einzugehen, werden auf dem Kanal beispielsweise auch „Vier Fragen an“ hochgeladen, in denen Vertreter der drei Glaubensrichtungen Antworten zu aktuellen Themen, aber auch zum Stück geben.

Für sie sei der Instagram-Account eine willkommene Hilfe bei der Vorbereitung auf die bevorstehende Abiturprüfung, sagt die 17-jährige Schülerin Elina Fiebig. „Für mich ist es schon ein bisschen her, dass wir ,Nathan der Weise’ im Unterricht durchgenommen haben. Da ist der Instagram-Account mit den Zitaten und Porträts gut, um alles wieder aufzufrischen“, so die Schülerin. „Es ist auch gut, mal eine andere Informationsquelle zu haben als das, was man im Unterricht aufgeschrieben hat“, sagt Fiebig. Dadurch bekomme man noch mal eine andere Perspektive auf das Stück und die Themen. Außerdem sei es mit den Bildern aus dem Stück auch lebendiger und zugänglicher.

Bis zum 19. April werden noch jeden Tag Posts und Stories auf dem Instagram-Account „nathan.to.go“ hochgeladen. So sollen ab Mitte März auch Livegespräche mit den Theatermitarbeitern folgen, die Einblicke geben, wie Theater funktioniert. Der Instagram-Account von Nathan to go ist zu finden unter:

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