Fotografie Düsseldorfer Künstler Thomas Ruff greift wieder zur Kamera

Düsseldorf · Die neue Serie, die der Künstler in der Konrad-Fischer-Galerie zeigt, nennt sich „flower.s“ und zeigt Gartenblumen auf besondere Weise.

Düsseldorfer Künstler Thomas Ruff stellt in der Galerie Fischer aus
Foto: Meister Helga (hm)/Helga, Meister (hm)

Thomas Ruff (62) ist der genialste Künstler aus der Becher-Klasse, wenn es darum geht, den Reichtum der Fotografie zu entdecken und auszubauen. Die Dokumentarfotografie ist nicht das, was ihn interessiert. Seit Ende der 1970er Jahre untersucht er die Strukturen des Mediums, die Arten und unterschiedlichen Techniken. Ob analog oder digital, ob aus Archiven, dem Internet oder von Pressebildern, Ruff findet und entwickelt stets Neues. Die Ausstellung bei Konrad Fischer ist der Höhepunkt des Foto-Festivals, und sie gibt zugleich einen Vorgeschmack auf Ruffs Retrospektive in der Kunstsammlung.

Die neue Serie nennt sich „flower.s“, und das „s“ bezieht sich auf Solarisation. Hierzu ein kurzer Exkurs: Bei der Solarisation handelt es sich um eine fast vergessene Umkehrmethode der analogen Fotografie. Fotografiert man beispielsweise gegen die helle Sonne, so ist das Abbild eine schwarze Sonne. Pseudo-Solarisation ist eine Dunkelkammertechnik, bei der in der Entwicklungsphase das Negativ einer diffusen Zweitbelichtung ausgesetzt wird, so dass es zu einer partiellen Umkehr von Licht- und Schattenbereichen im Foto kommt. Bekanntester Nutzer dieser Technik war Man Ray, der in den späten 1920er Jahren gemeinsam mit Lee Miller diese Technik perfektionierte.

 Die neue Serie, die der Künstler in der Konrad Fischer Galerie zeigt, nennt sich „flower.s“.

Die neue Serie, die der Künstler in der Konrad Fischer Galerie zeigt, nennt sich „flower.s“.

Foto: Thomas Ruff

Ruff transportiert diese Technik ins 21. Jahrhundert. Er arbeitet nicht mehr mit einem analogen Entwicklungslabor, sondern mit einer digitalen „Dunkelkammer“. Er erzeugt die Effekte mit Filtern, und er kann dabei ganz gezielt auswählen. Mit seiner Digitalkamera fotografiert er Kirschzweige oder Lilien und überlagert Positiv- und Negativ-Effekte. Im Gegensatz zur analogen Technik kontrolliert er die einzelnen Schritte genau und kann den Zufall ausschließen. Das wäre bei der analogen Belichtung nicht möglich, da sich die Veränderung des Bildes während der Zweitbelichtung nicht vorhersagen lässt. Doch lassen wir ihn selbst sprechen.

Sie haben selbst fotografiert? Das hat ja fast schon Seltenheitswert. Wann haben Sie zum letzten Mal zur Kamera gegriffen?

 Die neue Serie, die der Künstler in der Konrad Fischer Galerie zeigt, nennt sich „flower.s“.

Die neue Serie, die der Künstler in der Konrad Fischer Galerie zeigt, nennt sich „flower.s“.

Foto: Thomas Ruff

Thomas Ruff: Es ist das erste Mal seit 2003, dass ich fotografiere. Die Bilder sind im letzten Jahr entstanden.

Es sind Blumen aus Ihrem Garten. War die Idee, die Blumen festzuhalten?

Ruff: Nein. Nein. Nein. Ich hatte ein schönes Fotogramm von einer Fotografin aus den 1920er Jahren gekauft. Ich habe es auf den Rechner gespiegelt und dann mit dem Fotogramm von der Blume rumgespielt.  Und habe es solarisiert. Das Ergebnis fand ich ganz schön.

Wie kam der Gedanke an eine ganze Serie?

Ruff: Ich dachte, das ist ja blöd, ich habe nur ein Foto von der Blume. Aber diese Art von Blumenfotografie finde ich interessant. Dann habe ich überlegt: Ich mache jetzt keine Fotogramme von Blumen. Aber ich mache ein Pseudofotogramm.

Das heißt?

Ruff: Ich lege eine Blume auf den Leuchttisch, der auf dem Boden steht. Ich habe also das Blumenfoto hinterleuchtet, fotografiert und digital eine Solarisation gemacht. Da war es noch ein bisschen langweilig. Die Solarisation ist zwar eine analoge Dunkelkammertechnik, die kann man aber auch digital definieren. Das habe ich dann im Photoshop gemacht.

Mit Karl Blossfeldts „Alphabet der Pflanzen“ aus den 1920er Jahren wollten Sie wohl nicht konkurrieren?

Ruff: Nein. Blossfeldt hat vergleichende Fotografie betrieben. Aber weil meine Bilder noch ein bisschen herbariumsmäßig aussahen, dachte ich: Okay, jetzt bräuchte ich noch einen alten Hintergrund. Da habe ich eine Rückseite von einem meiner Press-Fotos genommen, die alt aussieht, und damit habe ich die Blume hinterlegt oder draufgelegt.

Die ausgeblichenen, teilweise schmutzigen oder gelblichen Rückseiten und Passepartouts haben eine gewisse Farbqualität in den verblichenen Tönen. Und die feinen Blüten, Stengel und Blätter bekommen eine ungemein grafische Qualität. Indem sich positive und negative Partien sehr präzise überlagern, wirkt manche Partie dunkler, während andere Partien einen Flash zu haben scheinen. In den großformatigen Abzügen wirken die Blumen feingliedrig und majestätisch. Es ist etwas Schönes entstanden. Sie zeigen sieben Beispiele bei Konrad Fischer. Setzen Sie die Serie fort?

Ruff: Im Moment ist eine Pause, ich hab nichts im Garten. Im Frühjahr kommen noch mehr Arbeiten zur Serie „flower.s“.

Die Galerie Fischer, Platanenstraße 7, ist geöffnet, um Anmeldungen wird aber gebeten. Die Ausstellung von Thomas Ruff läuft bis zum 15. Mai. Telefon: 0211/685908.

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