Design Goethe-Museum: Wenn Handschrift zu Schmuck wird

Düsseldorf · Die Düsselgold-Designer zeigen derzeit ihre Werke im Goethe-Museum — inspiriert von Handschriften und vom alten Dichter höchstpersönlich.

Manche Aneinanderreihungen erinnern an DNA-Ketten. Schmuckdesigner und Goldschmiede zeigen Werke im Goethe-Museum. Foto:Michael Gstettenbauer

Manche Aneinanderreihungen erinnern an DNA-Ketten. Schmuckdesigner und Goldschmiede zeigen Werke im Goethe-Museum. Foto:Michael Gstettenbauer

Foto: Michael Gstettenbauer

Lange nichts gehört hatte Schmuck-Designerin Anemone Tontsch von einer Freundin, der sie per Postkarte zum 50. Geburtstag gratulierte: „Aber irgendwie hing ich an ihr“. Daraus entstand eine schmucke Idee: Aus geringelten Streifen der beschriebenen Karte Ohrstecker zu gestalten: „Jetzt häng’ ich wirklich an ihr“. Passend zum Motto der diesjährigen Ausstellung der Designer-Gemeinschaft Düsseldorf: „Die eigene Handschrift“.

Die Präsentation hat Tradition, bereits zum achten Mal sind die Schmuck-Gestalter zu Gast bei Goethe. Ein Jahr hatte man ausgesetzt, davor die eigenen Werke im Abriss-Bordell an der Rethelstraße erstellt. Doch ungewöhnliche Orte sollen die Ausnahme bleiben. Die Kreativen fühlen sich wohl im Schloss Jägerhof, ließen und lassen sich auch gerne vom Dichterfürsten inspirieren, sei es von seiner Farbenlehre oder Faust, von Gretchen oder vom Ginkgo-Baum.

Schmückende Worte auf allen Seiten: Birthe Häusgen hat Auszüge aus Goethes „Vollmondnacht“ per Laser auf Armbänder aus geschwärztem Silber graviert, Regina Maresch wählte sein gerühmtes Gingko Biloba-Gedicht für ihren kupfernen Anhänger. Süd-Tiroler Patrik Moroder (entfernt verwandt mit dem berühmten Film-Komponisten Georgio Moroder: Flash Dance, Top Gun) hat eine Schreib-Feder als Waffe geschmiedet — „Mit Worten lässt sich trefflich streiten“. Er hat auch einen IBM-Kugelkopf (aus einer Schreibmaschine, zu sehen noch im MoMa in New York) verwandelt in eine Art Schlagring.

Susanne Leu schuf ein Collier mit einem Anhänger wie eine kleine Schiefertafel mit Kreidegriffel. Mit solchen Utensilien hatte sie einst Schönschreiben gelernt. Anina Caracas verarbeitet Erinnerungen von Graffitis in brasilianischen Favelas zu silbernem Handschmuck.

Geschriebenes Geheimnis zeigt sich erst unter UV-Licht

Bei Michaela Donsbach weiß man auf den ersten Blick nicht, was man wirklich bekommt: Ihre schlichten aber stabilen Papierringe geben ihr Geheimnis — Goethe-Texte natürlich — erst unter UV-Licht preis. Vielleicht in der Disco? Erinnert irgendwie an Geheimschrift aus Kindertagen.

Astrid Klingen geht das Thema von (Goethes) Kopf aus an: „Er war ja Legastheniker, hat nicht nur selber geschrieben, sondern musste auch schreiben lassen.“ Was Goethe dazu gesagt hätte? Hat er: „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen“.

Maria Hahlen versteckt Botschaften in silbernen Kartuschen. Worte, an die Kette gelegt. Muss ja kein Goethe-Text, könnte ja auch eine Einkaufsliste, eine Liebeserklärung, das Testament sein. Das Vorbild Flaschenpost hatte auch Anemone Tontsch vor Augen, als sie Ohrschmuck aus einer Art Röhrchen-Post arbeitete — mehrere davon ergeben ein Collier.

Michael Berger hat seinen kinetischen Schmuck um einen von ihm gebauten „Gestographen“ erweitert. Ein voluminöser Ring als Träger einer winzigen Werkstatt, in der ein Stift die Gesten der Hand nachzeichnet. So entsteht eine kleine kreisrunde Grafik — als Unikat. Berger: „Auch eine Art Handschrift“. Dem Multitalent Goethe hätte dies sicher gefallen. Wie schrieb er so schön an seinen Düsseldorfer Freund Friedrich Heinrich Jacobi: „So werden mir bezügliche Menschen durch ihre Handschrift auf eine magische Weise vergegenwärtigt.“

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