Performance Der Tänzer, der zum Teddy wird

Düsseldorf · Performance-Künstler Bernardo San Rafael startet seine Solo-Karriere mit einer Performance am 30. Mai.

 Bernardo San Rafael, mit Teddys behängt.

Bernardo San Rafael, mit Teddys behängt.

Foto: ja/huf

Ein Bär kann Kuscheltier oder Killer sein. Viele Bären bilden das Kostüm des Düsseldorfer Tänzers Bernardo San Rafael. Sie kommen in Bewegung bei seiner Performance, die von einer Rheinseite auf die andere führt. Die Performance startet am 30. und 31. Mai sowie am 20. Juni in Oberkassel unter der Rheinbrücke.

Nach Ihrer Karriere als Tänzer haben Sie sich entschieden, nur noch Ihr eigenes Ding zu machen als Solo-Performance-Künstler, zum Start mit einer im Wortsinn bärenstarken Performance „Teddy“, nicht nur in Düsseldorf. Gerade kommen Sie aus Mumbai. Wie haben die Inder auf die Bären reagiert?

San Rafael: Ich bin ja in den Slums und auf Märkten aufgetreten, und es war unfassbar! Diese Offenheit und Bereitschaft der Inder, eine für sie ja eher fremde Kunstform wahrzunehmen, in sich aufzunehmen, quasi mit einer kindlichen Neugier und wahrer Freude. Ich war überwältigt.

Warum gerade Teddybären? Wofür steht der Bär?

San Rafael: Der Teddybär ist mehr als ein Spielzeug, beinahe eine Art Kulturgut. Hier bei uns hat ja Jeder als Kind einen Teddy gehabt. In anderen Ländern haben aber nur Kinder reicher Eltern solch ein Kuscheltier. Da steht der Teddy für den Traum vom besseren Leben.

Bei der Performance schlüpfen Sie aber nicht, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre, in ein Bärenkostüm, sondern sind bis zur Unkenntlichkeit über und über mit Bären behangen. Eine Form von Unförmigkeit. Wer oder was versteckt sich dahinter?

San Rafael: Kinder werden heute doch so mit Spielzeug überschüttet, dass sie oft selbst kaum noch wahrgenommen werden. Das will ich zeigen und damit auf den materiellen Überfluss hinweisen, den wir oft gar nicht mehr wahrnehmen.

Sie haben offensichtlich Glück darin gefunden, Tänzer und Choreograph zu sein. Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, dass Sie tanzen wollten?

San Rafael: Mit 10. Eigentlich schon mit 8, als ich Musikunterricht am Conservatorio de Musica y Artes de la Universidad de Costa Rica bekommen und Cello gespielt habe. Aber ich merkte bald, dass mir das nicht genug war, ich wollte mich bewegen, tanzen.

Um die Leidenschaft ausleben zu können, haben Sie Ihr Land mit den glücklichen Menschen verlassen?

Bernardo: Ja, ich habe Tanz und Choreographie in Frankreich studiert, in Montpellier und Marseille.

Wie ging es danach weiter?

Bernardo: Ich kam nach Deutschland ans Freiburger Stadt-Theater, war aber immer wieder auch unterwegs, zum Beispiel als Gastdozent in Istanbul.

Die Düsseldorfer kennen Sie vor allem als Tänzer in den aufwändigen Operetten-Inszenierungen an der Oper wie „Die Czardasfürstin“ oder „Die Zirkusprinzessin“. Sie haben im Tanzhaus als Trainer gearbeitet. Und auf der Straße getanzt. Sind es nun die Bretter oder die Bürgersteige, die für Sie die Welt bedeuten?

Bernardo: Eindeutig die Bürgersteige. Das Leben in der Stadt. Das ist die Welt, meine Welt. Ich möchte Teil des urbanen Lebens sein. Die Bühnenkunst erscheint mir oft zu abgehoben. Auf der Straße erreiche ich Menschen, die sonst nie ins Theater gehen. Dort kann ich sie abholen.

Tanz kann auch Therapie sein. Sie haben mit Kindern oder mit Parkinson-Patienten gearbeitet.

Bernardo: Das ist ganz toll. Besonders in Schulen in sozialen Brennpunkten. Tanz ist ja Körpersprache. Die lernten die Kinder spielerisch, Tanz als eine völlig natürliche Form der Kommunikation. Sie konnten Wut oder Frust, auch Freude ausdrücken, ohne Angst, Fehler zu machen. Auch die Arbeit mit Parkinson-Patienten ist spannend. Es ist ja wissenschaftlich bewiesen, dass ganz viel im Gehirn passiert, wenn Menschen sich bewegen.

Sie werden mit Ihrer Performance auch nach San Jose in Costa Rica zurückkehren. Schließt sich da ein Kreis?

Bernardo: Irgendwie schon. Angeregt wurde ich dazu auch durch eine Reportage über eine Karawane der Hoffnung in Mexiko, auf der Mütter verschwundener Migranten ihre Kinder suchen. Sie waren aufgebrochen, weil sie sich in Amerika, dem Land des Überflusses, ein besseres Leben erhofften. Auch dafür stehen die Teddys.

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