Kultur Ars Viva-Preisträger feiern im Kai 10

Düsseldorf · Die Arthena Stiftung feiert Zehnjähriges in der Kaistraße 10 mit der Avantgarde der 30-Jährigen, die sich kritisch mit der Unternehmenskultur und der Integration auseinandersetzen.

Die Ars-Viva-Preisträger Niko Abramidis & NE, Cana Bilir-Meier und Keto Logua zusammen mit Julia Höner (2. von links)

Die Ars-Viva-Preisträger Niko Abramidis & NE, Cana Bilir-Meier und Keto Logua zusammen mit Julia Höner (2. von links)

Foto: Kulturkreis der deutschen Wirtschaft/ Udo Geisler/Udo Geisler

Wenn es im Medienhafen kreatives Leben gibt, so gilt dies in erster Linie für die Adresse Kaistraße 10. Dort liegen die Ateliers von Günther Uecker und Ulrich Erben, aber auch die Arthena Foundation der Mäzenin Monika Schnetkamp. Kai  10, der bloße Adressen-Name, genügt der bescheidenen Stifterin.

Internationale Auszeichnungen für die Mäzenin Schnetkamp

Dennoch macht ihre Institution immer wieder international von sich reden. 2014 war es der Auftritt in Venedig mit dem Projekt des Künstlers Thomas Zipp. Jetzt ist es der Kunstpreis Ars Viva, dessen Finalisten erstmals in privaten Räumen ausstellen. Julia Höner, seit Februar künstlerische Direktorin von Kai 10, gehörte zur Jury dieser Ausstellung, die vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI finanziert wird. Die Schau hat diesmal ein besonderes Flair.

Das beginnt gleich im ersten Raum, der von der Deutsch-Türkin Cana Bilir-Meier (Jg 1986) bespielt wird. Sie setzt sich mit einer sehr persönlichen Familiengeschichte auseinander, die von ihrer Tante Semra Ertan handelt. Die Türkin, 34 Jahre älter als ihre Nichte, war 1972 ihren Eltern nach Deutschland nachgereist, wurde technische Bauzeichnerin und Dolmetscherin. Sie verfasste über 300 Gedichte, die zwar kurz sind, aber auf wundersame Weise nachhallen, wie die Visualisierung beweist.

Als die Tante Semra Ertan
in Flammen aufging

Rassistische Ausgrenzung und Diskriminierung klingen an, aber auch Liebesgefühle und die Sehnsucht, als Fremde dazu zu gehören. Dem war jedoch nicht so. So hat sich Semra  1982 in Hamburg verbrannt, als Zeichen gegen den Rassismus in Deutschland.

Geblieben ist ein Archiv von Erinnerungen. Beeindruckend sind beispielsweise die Grammatikhefte ihrer Mutter, die als Türkin in die Bundesrepublik einwanderte und Übungshefte anlegte, um aus der Fremde Heimat werden zu lassen.

Der Künstler als sein
eigener Chef und Büroleiter

Niko Abramidis hingegen ist kein Mann von Traurigkeit. Sein inszenierter Raum wirkt auf den ersten Blick humorig, wenn er ein paar blank geputzte Schnürschuhe hinstellt, als Platzhalter für die zentrale Figur im Büro. Hält man sich länger in seiner fingierten Amtsstube auf, spürt man die Pfeile und Fallstricke, die der junge Mann (Jg 1987) aussendet.

Abramidis liebt die Bildsprache von Großunternehmen, fingiert ihre Signets, inszeniert ihren Kapitalismus, den er zugleich ins Groteske lenkt. Als fiktiver Unternehmer nennt er sich „Abramidis & NE“, wobei die beiden Buchstaben für „Neue Einheit“ stehen.

Ein Stickbild aus diesem Jahr zeigt, wohin er will. Da ist das Konterfei eines Ameisenbären zu sehen, auf dessen Kopf ein Globus steht, als habe das Tier die ganze Welt verinnerlicht, mitsamt der Wirtschaftlichkeit des Überlebens. Denn nachhaltiges Handeln, so die These des Künstlers, ist nicht Sache des Menschen, wohl aber des Termitenfressers, der den Ameisenbau als Futterquelle nie ganz zerstören würde.

Niko studierte Architektur an der Technischen Universität München und Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München. Er weiß, wie man Räume baut, Währungen kursieren lässt, mit einem fiktiven Büro Seriosität schinden kann und zugleich mit den Bürotechniken spielt. Der Tisch für den Chef ist eigentlich ein Bildschirm, der im Video mit 3D von Google Earth die großen Handelszentren der Welt präsentiert. Im Chefsessel sitzt eigentlich der Künstler, der sein gesamtes Unternehmen nicht allzu bierernst nimmt.

Kunst und Wissenschaft
ergeben ein Riesenpanorama

Dritte im Bunde ist Keto Logua (Jg. 1988). Sie stützt sich in ihren aktuellen Arbeiten auf den Wissenschaftsillustrator Jörg Schöneberg, der ihr die Daten für eine Urblume zur Verfügung stellte. Sie machte daraus ein Riesenfoto, das in Schichten aufgebaut ist. Im Proszenium bevorzugt sie grelle Farben, in geringem Abstand präsentiert sie den Urwald am Strand, und hinten sind es die Berge, die mit ihrem Gebirgspanorama locken.

Info: Kai 10 am Standort Kaistraße 10 im Medienhafen präsentiert die Ars-Viva-Preisträger in Kooperation mit dem Kulturkreis im BDI. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und enthält zwei Ausstellungen, eine in Deutschland, eine im europäischen Ausland. Außerdem gibt es eine Künstlerresidenz auf Fogo Island in Kanada.

Öffnung Die Ausstellung läuft bis zum 20. Januar 2019, Öffnungszeit Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt. Ein reiches Beiprogramm mit vielen Diskussionen wird zur Ausstellung angeboten.

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