Choreografin De Keersmaeker in Düsseldorf : Eine getanzte Studie des Gehens
Düsseldorf „Mein Gehen ist mein Tanzen.“ Das ist seit rund vier Jahrzehnten die Philosophie von Anne Teresa De Keersmaeker. Mit ihrem aktuellen Stück „Exit Above“ schickt die flämische Choreografin das Publikum im Tanzhaus NRW auf eine stürmische Reise vom Walking Blues zu den Wurzeln westlicher Popmusik.
Elektrosounds wabern durch den Raum. Tänzer Solal Mariotte geht über die Bühne mal hierhin, mal dorthin. Dabei klatscht er immer wieder in die Hände, lauscht dem Klang, so als wollte er die Akustik testen. Dann wird es dunkel, und ein silbrigweißer Vorhang, angefacht von einer Windmaschine, bauscht sich in immer neuen Skulpturen im Licht. Er wirkt wie ein Sturm, gegen den Mariotte antanzt.
Und plötzlich stehen sie da, die zehn Tanzenden, wie ein Block in der Stille. War da nicht eine kleine Bewegung? Und da noch eine? Carlos Garbin greift zur Resonator-Gitarre und spielt die ersten Bluesnoten. Meskerem Mees’ ebenso sanfte wie klare Stimme singt dazu vom Gehen. Passend dazu bewegt sich die Gruppe auf das Publikum zu, dreht um, läuft in die entgegengesetzte Richtung und wiederholt dies mehrmals.
Nach und nach weiten einzelne Tanzende ihre Schritte kreisförmig aus. Aus der Formation schälen sich Solisten, bilden sich Duette oder Trios. Auf dem Bühnenboden finden sich die Linien und Kreise wieder, die von den Tanzenden wie Songlines der Aborigines abgelaufen werden. Ein Stilmittel, das die beglische Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker häufig verwendet. Das Ensemble setzt durch seine Kleidung Statements. Männer tragen Röcke, und auf Shirts sind Sätze zu lesen wie: „There’s nothing I can do“, „I’ll break my staff“ oder „I cried to dream again“.