200. Geburtstag Die Wiederentdeckung des August Friedrich Siegert

Düsseldorf · Zum 200. Geburtstag präsentiert das Stadtmuseum eine Ausstellung des Düsseldorfer Malers.

 August Friedrich Siegerts Werk „Im Studiersessel oder Der kleine Bibliothekar“ von 1870 (Öl auf Leinwand).

August Friedrich Siegerts Werk „Im Studiersessel oder Der kleine Bibliothekar“ von 1870 (Öl auf Leinwand).

Foto: C. Wucherpfennig

Theo Siegert ist bei Künstlern beliebt, denn dieser ruhige, zurückhaltende Mann spendiert seit 2003 alle zwei Jahre vier bis sechs jungen Düsseldorfer Künstlern Atelierstipendien. Seiner Familie gehört die Firma de Haen-Carstanjen & Söhne, deren Vorfahren einst im heutigen Heinrich-Heine-Institut an der Bilker Straße ihren Handel trieben. Aber Theo Siegert kümmert sich nicht nur um den künstlerischen Nachwuchs, sondern auch um seinen Ururgroßvater, den Maler August Friedrich Siegert (1820-1883), Sohn eines Seifen- und Lichterfabrikanten aus Neuwied, der 15-jährig an die Düsseldorfer Akademie kam und 1850 Malkästner wurde. Mit seiner Cousine Annegret Stein und dem pensionierten Museumschef Guido de Werd aus Kleve gibt Theo Siegert zum 200. Geburtstag einen lesenswerten Band über den einstigen Schadow-Schüler heraus und sorgt für eine Ausstellung im Stadtmuseum.

Im Vorwort der Monografie erklärt er erstaunlich offen, sein Vorfahr gehöre nicht zu den innovativsten und zukunftsweisenden Mitgliedern seiner Zunft. Dennoch ist dieser August Friedrich Siegert ein wichtiger Vertreter der Düsseldorfer Malerschule, der seine Vorliebe für das Goldene Zeitalter der Niederlande mit den biedermeierlichen Motiven aus der eigenen Familie in seinen Genreszenen vereinte.

Leider ist die Ausstellung mit den 50 Gemälden labyrinthisch im gesamten Stadtmuseum verteilt. An der Kasse erhält der Besucher einen Lageplan in die Hand gedrückt, startet treppauf im ersten Obergeschoss, dann geht es treppab ins Erdgeschoss. Wie er dort klar kommt, zeigen ihm Aushilfskräfte. Die Schnitzeljagd führt an Johanna Ey und am Jungen Rheinland, an Stadtplänen und jüdischen Kinderzeichnungen vorbei. Der Besucher hat mehr Mühe beim Auffinden des nächsten Raumes als mit den Bildern selbst. Sie bieten in den Umbrüchen des Industriezeitalters eine heile Welt. „Die kleine Welt in der großen“, so der Titel, beginnt gleich im ersten Raum mit einem jungen Liebespaar in Tiroler Tracht, das einander innig zugewandt ist, während der Hund desinteressiert in die Gebirgslandschaft schaut. Eine Prise Humor steckt in vielen Werken.

Siegerts Stärke ist das Familienleben, mit den eigenen Kindern als Motiven. In keiner Anthologie fehlt der „dicke putzige Junge“, wie er in einem Brief an die Mutter schreibt. Der Sohnemann beugt sich staunend zu einem Historienbild auf dem Dielenboden, als wolle er es interpretieren. Dieser süße, kleine Kunstfreund, mit dem Holzpferdchen im Rücken, ist ein begehrtes Motiv, das auch in Lithografien auftaucht. Einen dicken Folianten vor der Nase, sitzt der Steppke in einem weiteren Gemälde auf einem dicken Folianten, um so groß wie ein Erwachsener zu sein. Diesmal kann der Maler das Motiv gleich achtmal verkaufen. Nach den Worten von Christoph Danelzig-Brüggemann aus dem Stadtmuseum verzichtete der Künstler auf Repräsentanz, liebte das Niedliche, Kindliche und immer auch das Komische. Damit konnte er sich bestens vermarkten.

Dieser Maler stellt das goldene Zeitalter der Niederlande in Stoffen, Kostümen und Kulissen nach. Seine Atelierbilder zeigen Ritterrüstungen, eiserne Handschuhe und Vogelkäfige als Requisiten, die von neugierigen Kindern bewundert werden. In einem Brief an die Mutter erwähnt er die „gediegene Wohlhabenheit und große Reinlichkeit“ der Szenen.

Im „Feiertag“ (1852) präsentiert er seine frisch angetraute Ehefrau Mathilde de Haen, eine Düsseldorfer Kaufmannstochter, deren Kostüm so allerliebst ist, dass er das Motiv sogar zwölf Mal wiederholen kann, je nach Wunsch des Kunden in großem oder kleinem Format. 1859 wird er Mitglied der Amsterdamer Akademie und 1872 Professor für Genremalerei in Düsseldorf. Das kaiserliche Patent der Ernennungsurkunde liegt in der Ausstellung aus.

Siegert ist nicht nur ein geduldiger Maler kleinster Details, sondern auch ein geflissentlicher Briefschreiber und genauer Buchhalter. Das Geschäftsbuch wurde erst vor kurzem wiedergefunden, in dem der Künstler seine wirtschaftlichen Erfolge notiert. Im Grußwort des Katalogs lobt Hans Paffrath den Künstler. Der Galerist weiß genau, wovon er spricht, denn seine Firma begann im 19. Jahrhundert als Schreinerwerkstatt, die dem Künstler die Verpackungen für den Transport der Bilder bis nach England und USA lieferte.

Der Erfolg blieb der Familie treu. Eines von Siegerts Kindern heiratete Marie Bagel. So kam die Verbindung zu Henkel, wo Simone Bagel-Trah und Theo Siegert heute gemeinsam im Aufsichtsrat sitzen, Bagel-Trah als Vorsitzende und Siegert als Chef der de Haen-Carstanjen & Söhne.

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