Die Symphoniker zwischen Höhenflügen und Aufsetzern

Wiener Spätromantik: John Fiore dirigiert beim 11. Symphoniekonzert Mahlers Sechste Symphonie in der Tonhalle.

<strong>Düsseldorf. Häufig findet John Fiore zu Musikmomenten, die den Hörer ergreifen und tief bewegen. Bei Wagner und Strauss ist er in seinem Element, den Wiener Klassikern verhilft er dagegen selten zu einer besonders starken Ausstrahlung. Bei dem österreichischen Spätromantiker Gustav Mahler kommen nun Fiores Stärken und Schwächen abwechselnd zum Vorschein: Er gestaltet große, gefühlsbetonte Momente, läuft aber auch Gefahr, Strenges wie die Märsche im Kopf- und Scherzosatz, mit Emotionen zu überladen. Dabei kommt es zu kleinen Aufsetzern im ansonsten mitreißenden Höhenflug.

John Fiore forciert den Marschbeginn zu stark

Fiore fängt gleich problematisch an, denn er forciert den von Mahler bereits sehr drastisch komponierten Marschbeginn. Wer versucht, solche Stellen mit ein paar zusätzlichen PS aufzumotzen, erreicht leicht das Gegenteil. Als Pierre Boulez kürzlich Mahlers Sechste in der Tonhalle dirigierte, klang dieser Beginn kühl und analytisch. Solche Ungerührtheit vom Schicksal des tragischen Helden, der grimmig in seinen Untergang marschiert, wirkt makaberer und damit erschütternder als die bekenntnishafte Anteilnahme.

Der Dirigent illuminiert das musikalische Geschehen subtil

In Mahlers Sechster befinden sich aber auch viele Stellen, die einer sehr persönlichen Gestaltung bedürfen. Und genau die Passagen, in denen es ein Geheimnis zwischen den Tönen zu entdecken gilt, illuminiert Fiore das musikalische Geschehen ungemein subtil und bringt Mahlers Seelenleben dicht an den Hörer heran. Dies gelingt ihm vor allem im ruhigen Andante-Satz. Diesen lässt er - anders als bei dieser Symphonie üblich - an dritter anstatt an zweiter Stelle erklingen. Dazu kommen fein artikulierte Soli der Holz- und Blechbläser sowie seidenweiche Streicherpassagen.

In den Ruhepolen entwickelt sich bei Fiore am meisten

Im Scherzo, das in seiner herben Marschartigkeit an den Ersten Satz anknüpft, sind es die Ruhepole, in denen sich bei Fiore musikalisch am meisten entwickelt.

Auch die Mystik des Finales mit der zauberisch und verwunschen glitzernden Celesta und seiner weniger strengen formalen Anlage, vermag Fiore atmosphärisch herauszustellen.

Die dynamischen Steigerungen am Schluss kulminieren in den drei symbolkräftigen Axtschlägen. Sie entfalten bei Fiore und den spieltechnisch wieder einmal brillanten Symphonikern enorme Klanggewalt.

Wiederholung: Die Düsseldorfer Symphoniker spielen noch einmal am Montag, 18. Juni, um 20 Uhr.

Ort: Tonhalle, Ehrenhof1

Karten: Tel. 0211/8 99 61 23

Internet: www.tonhalle.de

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