Analyse Die Oper – Ein Denkmal und seine Geschichte

Düsseldorf · Bevor man über die Zukunft des Operngebäudes diskutiert, sollte zunächst dessen historische Bedeutung rekapituliert werden.

Das Opernhaus an der Heinrich-Heine-Allee stammt ursprünglich aus dem 19. Jahrhundert.

Das Opernhaus an der Heinrich-Heine-Allee stammt ursprünglich aus dem 19. Jahrhundert.

Foto: JENS WEGENER

Bei allen Überlegungen um die Zukunft des Opernhauses an der Heinrich-Heine-Allee — Neubau an gleicher oder anderer Stelle — darf das jetzige Gebäude, seine Geschichte, seine architektonische Bedeutung nicht aus dem Blick verloren werden. Um entscheiden zu können, ob es möglich ist, dieses Haus abzureißen sollte man zuvor Klarheit über die historische Qualität dieses Baus schaffen. Ungeachtet aller Überlegungen gibt es gute Gründe, wieso das Opernhaus den Status eines Baudenkmals inne hat.

Vorgeschichte: Das Opernhaus, wie wir es heute kennen, hat seine architektonischen Wurzeln in einem zwischen 1873 und 1875 nach einem Entwurf von Ernst Giese errichteten Stadttheater. Gehalten im Stil der zu dieser Zeit für Repräsentationsbauten geschätzten Neorenaissance, fügte es sich mit weiteren Bauten von ihm, wie der Kunsthalle, zu einem Ensemble. Gab es allerdings im Verlauf seiner Geschichte mehrere, teils signifikante Umbauten, so steckt noch hinter der jetzigen Fassade mehr Substanz aus jener Zeit in dem Bau als man gemeinhin denken würde. Doch kam es schon kurz nach der Eröffnung des Stadttheaters, das sich architektonisch an der Semper-Oper in Dresden orientierte, zu Erweiterungen und Umbauten. Die Bühne wurde erweitert, es kam zu Anbauten für ein neues Kulissenhaus und Garderobenhaus im Jahre 1891. Schließlich kam es nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Hermann vom Endt zu einem Innenumbau des Hauses. Hierbei wurde der Zuschauerraum modernisiert und in Details an den Zeitgeschmack angepasst. Wir sprechen hier übrigens vom Jahr 1906.

Kriegsschäden und Provisorium: Das Stadttheater wurde während des Zweiten Weltkrieges, 1943, erheblich beschädigt. Hierbei wurde der Zuschauerraum insbesondere in Mitleidenschaft gezogen. Das Bühnenhaus blieb weitestgehend in seiner baulichen Struktur intakt. Nach einer provisorischen Instandsetzung nach dem Zweiten Weltkrieg tagte in diesen Räumen 1946 der Landtag. Hier fand mit der ersten Sitzung des Landesparlaments eine der Geburtsstunden Nordrhein-Westfalens statt.

Umbau im Schatten des Architektenstreits: War das Bühnenhaus auch intakt, so sollte sich das Opernhaus Düsseldorf in den 50er Jahren in seinem Äußeren wie Innern massiv wandeln. Unter der Federführung des damaligen Leiters des Hochbauamtes der Stadt, Julius Schulte-Frohlinde, wurde das bestehende Bühnenhaus überformt. Der Zuschauerraum inklusive der gesamten Innenarchitektur des Zuschauerbereiches entstand neu. So auch die Front des Gebäudes. Schulte-Frohlinde — der Karriere unter den Nationalsozialisten gemacht hatte — galt als Vertreter einer konservativen Nachkriegsarchitektur. War in den zeit- und architekturgeschichtlich signifikanten Düsseldorfer Architektenstreit durchdringend verwickelt. Die sich nicht zuletzt um die Personalpolitik des Stadtplaners Friedrich Tamms’ entzündet hatte. Düsseldorf sei zu einem „Zentrum der ehemaligen Nazi-Prominenz“ geworden — so der Hauptvorwurf.

Schulte-Frohlinde nahm sich für den Um- und Aufbau des Opernhauses prominente Hilfe zur Hand. So war in den Bau auch sein Lehrer Paul Bonatz involviert, der zuletzt als Architekt des Stuttgarter Hauptbahnhofs in das Gedächtnis einer breiteren Öffentlichkeit gerückt ist. Und hier muss erwähnt werden, dass durch diese Mitarbeit die Spuren der Stuttgarter Schule — gerne gleichgesetzt mit dem sogenannten Traditionalismus — am heutigen Gesicht des Düsseldorfer Opernhauses zu finden sind. Doch der Umbau, der zwischen 1954 und 1956 erfolgte, wurde zudem auch noch durch den als Kino-Architekt in Erscheinung getretenen Ernst Huhn mitgestaltet. Eine Gemeinschaftsproduktion also.

Architektonische Bedeutung: So gibt es an dem Haus auch verschiedene Strömungen, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen. Einerseits schöpft die Architektur des Hauses aus dem Erbe der Monumentalarchitektur. Hierfür ist die Travertin-Front mit den schmalen, hohen Fensterfronten und den Fassadenreliefs von Ferdinand Heseding ein sprechendes Beispiel. Hier spiegelt sich aber zugleich ein typisches Stilmerkmal der 50er Jahre, eine Rasterung, also eine rhythmische Unterteilung der Fassade. Andererseits indes zeugt die Innenarchitektur, mit ihrer minimalistischen zugleich mit geschwungenen Formen der Treppen und Balkone gestalteten Anmutung, von den typischen Merkmalen der Nachkriegsarchitektur. Das über drei Geschosse reichende Foyer im ersten Obergeschoss ist unter anderem mit Wandmalereien von Robert Pudlich geschmückt, der auch als Bühnenbilder von Gustaf Gründgens in Erinnerung blieb. Dieser Raum ist einerseits durch geschwungene Balkone bestimmt, andererseits durch die hohen Fensterfronten, die sich in drei Glaslüstern widerspiegeln.

Der Zuschauerraum atmet den verspielt-traditionalistischen Duktus eines, im Stile jener Zeit gehaltenen, zeitlosen Theatersaals. Der durch Ernst Huhns „Kinoerfahrung“ in vielerlei Hinsicht an typische Kino-Interieurs der 50er Jahre erinnert. Darüber hinaus, dass das Düsseldorfer Opernhaus in seiner ganz eigenen Mischung als ein Zeitzeugnis einer „konservativen“ Seite der Nachkriegsmoderne gelten kann, birgt das Haus zudem zahlreiche Beispiele für Designelemente wie Lampen oder Geländer aus der Zeit in sich.

Wie in der Denkmalliste der Stadt zu lesen ist, spiegelt das Haus somit die spezielle Architektursituation der Nachkriegszeit in Düsseldorf. Doch nicht zuletzt ist es als eine Spielstätte der 1956 gegründeten „Deutschen Oper am Rhein“ ein Zeugnis gesamtdeutscher Theatergeschichte.

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