Design-Schau: Als die Möbel noch weh taten

Mit dem Borngräber-Zimmer erinnert das museum kunst palast an die wilden 80er Jahre.

Düsseldorf. "Gefühlscollagen, Wohnen von Sinnen" hieß 1986 die Sensations-Schau am Ehrenhof, es war der größte Erfolg der Design-Abteilung unter dem damaligen Leiter Wolfgang Schepers. Schepers ist heute Chef des renommierten Kestner-Museums in Hannover und Mitbegründer der Gesellschaft für Design-Geschichte.

In Düsseldorf aber verschwand das Design unter Generalintendant Jean-Hubert Martin in den Depots. Jetzt holte dessen Nachfolger Beat Wismer immerhin ein Beispiel, das Borngräber-Zimmer, ans Tageslicht zurück.

Das Design der 80er Jahre war wild. Kreative wollten gegen den Stachel der Gemütlichkeit löcken, sie verstanden ihre Produkte jedoch nicht als Kunst. Schepers präsentierte damals surrealistische Fundstücke, freche Kunstobjekte, falsche Stoffe, aber in keinster Weise Möbel, die an die Ulmer Schule oder die letzten Ausläufer des Bauhauses erinnerten. Schlagworte wie "Banal-Design" oder Ready-made machten die Runde. Barbara Til, Nachfolgerin von Schepers in Düsseldorf, knüpft daran an, ohne neue Akzente zu setzen.

Christian Borngräber gehörte 1986 als Designtheoretiker und Architekturkritiker zu den Organisatoren der "Gefühlscollagen". Er hatte Architektur studiert, entwarf seit 1984 selbst, gründete eine Design-Werkstatt in Berlin und sammelte die Produkte der Kollegen. Als er 1992 starb, vermachte er die Schätze dem museum kunst palast.

Borngräber liebte wie seine Zeit den Material-Mix. Sein Ecksofa besteht aus Ytong-Steinen, Kunstleder und Kuhfell. Unter seinem Schallplattenregal flimmert ein künstliches Kaminfeuer, und auf der obersten Regalplatte steckt ein Hirschgeweih. Berühmter als seine Werke wurden die der Kollegen, der "Schwertertisch" von John Hirschberg, der zum Sessel umgearbeitete Einkaufswegen von Stiletto oder Hermann Waldenburgs Tabletts, die auf Stöckelabsätzen stehen.

Besonderen Beifall erhielten Axel Kufus und Ulrike Holthöfer für einen "Blauen Sessel", den sie mit den blauen Bürsten einer Autowaschanlage verzierten. Es war die Zeit, wo auch der Düsseldorfer Siegfried Michail Syniuga noch hoffte, mit Lehnen aus Kreuz und Halbmond sein Auskommen zu haben.

Die Zeit ist passé. Heute will niemand mehr Axtstiele als Tischbeine, Antennen als Lampenarme oder pseudohistorische Kandelaber haben; Beton- und Sandsteinplatten sind im Wohnzimmer verpönt. Das Design unterwirft sich wieder dem akademischen Joch purer Nützlichkeit, und die aufmüpfigen Formgestalter sind mit Ausnahme von Stiletto ehrenwerte Professoren geworden. Oder sie machen wie Ron Arad Design, das teurer als Kunst ist. Das Borngräber-Zimmer wirkt da wie ein Memorial auf die Design-Geschichte.

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