Kino Paris Calligrammes: Ein bizarr-surrealistischer Film über das Paris der 60er Jahre

Düsseldorf · Chichinette – Wie ich zufällig Spionin wurde

 Ulrike Ottinger steht vor ihrem Bild  "Allen Ginsberg" in einer Szene des Films "Paris Calligrammes".

Ulrike Ottinger steht vor ihrem Bild "Allen Ginsberg" in einer Szene des Films "Paris Calligrammes".

Foto: dpa/Privat

Wer hätte der zierlichen, kleinen Frau militärische Heldentaten zugetraut? Sechzig Jahre lang schwieg die französische Jüdin Marthe Cohn über ihre Rolle am Ende des Krieges. Doch mit über 80 Jahren würdigte Frankreich seine Bürgerin mit militärischen Orden und Marthe Cohn, deren Spitzname Chichinette („kleine Nervensäge“) war, begann zu erzählen. Wie sie ihre Schwester in Auschwitz verlor und wie sie sich nach der Befreiung von Paris der Armee anschloss und schließlich als Spionin die deutschen Linien überwand und verkleidet als deutsche Krankenschwester die Verteidigungslinien auskundschaftete.

Die Dokumentation von Nicola Hens begleitet die liebenswürdig-lebenslustige „Nervensäge“ auf ihren Vortragsreisen durch Europa – das überaus lebendige Porträt eines der letzten Zeitzeugen.

Metropol, Fr. – So. 21.15 Uhr (frz. OmU)

Wer Frieden sucht

Im Labyrinth des Ich. Johannes kümmert sich liebevoll um seine Mutter in einem Altenheim. Bei der Auflösung ihrer Wohnung stößt er auf einen alten Film, auf dem er mit einer unbekannten Frau zu sehen ist. Völlig perplex will er seine Mutter danach befragen, doch er muss erfahren, dass die alte Dame unter ungeklärten Umständen gestorben ist. Darauf nimmt Johannes Kontakt mit dem Psychiater seiner Mutter auf. Doch dort erfährt er, dass nicht seine Mutter Patientin des Psychiaters war, sondern er selbst. Auch das Rätsel der Unbekannten klärt sich auf: Die Frau war seine Freundin, die bei einem Autounfall ums Leben kam, wonach Johannes einen Amnesieschock erlitt und das Gedächtnis verlor. Doch dann begegnet er der Frau wieder und verbringt eine Nacht mit ihr...

Low-Budget Psycho-Thriller von Daniel Alvarenga, der trotz einiger Schwächen ein raffiniertes Handlungsgeflecht zum Fangnetz der Erinnerung webt.

Premiere am Mo. um 19 Uhr im Metropol mit Gästen

Born in Evin

Eine junge Frau landet mit dem Fallschirm mitten in der Wüste und irrt durch die Einöde. Sie zerrt den Schirm als Handicap hinter sich her, schließlich kann sie sich von dem Ballast befreien. So setzt die Filmemacherin Maryam Zaree bildlich ihr Vorhaben um: die Suche nach der eigenen Herkunft und ihrer eigenen Entfesselung von der Vergangenheit.

Zaree wurde 1983 in einem Gefängnis des Ayatolla-Regimes geboren. Ihr Vater wurde von den Führern der islamischen Revolution verfolgt. Er konnte schließlich knapp seiner Hinrichtung entkommen und in den Westen fliehen, doch in der Familie herrscht Schweigen über die erlittenen Traumata. Zaree macht sich daran, die Fesseln des Schweigens zu lösen. Vor der Kamera muss sie sich selbst Fragen stellen, deren Beantwortung Ängste hochkommen lassen. Eindrucksvolle Aufarbeitung einer traumatischen Kindheit.

Premiere am Mo. um 19.15 Uhr mit der Regisseurin Maryam Zaree im Bambi

Waterproof – Starke Frauen, die aus Not eine Tugend machen

Geschäftsmodell Klempnerin. Jordanien ist eines der Länder mit der größten Wasserarmut, dennoch vertröpfelt das kostbare Nass in zahllosen Haushalten sinnlos. Grund für diesen paradoxen Missstand sind die konservativen islamischen Regeln: Ein fremder Mann darf das Haus nicht betreten, wenn der Hausherr nicht anwesend ist. Hierin erkennt Khawla ihre Chance und baut eine Organisation auf, die die Klempnerarbeiten tagsüber durchführen darf: mit weiblichen Mitarbeitern, darunter auch Aysha. Khawla lernt Frauen an und kann so gleich doppelt nachhaltige Entwicklungshilfe leisten: in Sachen Ressourcenschonung und Frauenausbildung. Doch bald stellen sich Khawla auch Probleme in den Weg, man wirft ihr Korruption vor. Nun kommt es auf die Solidarität unter den Frauen an.

Die deutsche Dokumentarfilmemacherin Daniela König porträtiert ein Projekt, das die Perspektiven aber auch die Probleme weiblicher Initiative in Männergesellschaften aufzeigt.

Sondervorstellung am Freitag um 19 Uhr im Bambi mit der Filmemacherin Daniela König

Paris Calligrammes

Mit ihren bizarren und surrealistischen Filmen wie „Bildnis einer Trinkerin“ und „Freak Orlando“ gehörte die Künstlerin Ulrike Ottinger zu den einflussreichsten Regisseurinnen des deutschen Kinos in den 1980er  Jahren. Mit „Paris Calligrammes“ blickt sie nun zurück auf ihre Zeit im Paris der 60er Jahre, deren Mittelpunkt die Buchhandlung von Fritz Picard war. Ihre Erinnerungen an die prägende Zeit in der Künstler- und Intellektuellenszene an der Seine illustriert der Film mit eigenen dokumentarischen Aufnahmen.

Atelier, tgl. (außer Sa. u. Di.) um 16.15 Uhr

New York – Die Welt vor deinen Füßen

The Big Apple, Schritt für Schritt. Matt Green hat sich eine kuriose Idee in den Kopf gesetzt: er will die Straßen seiner Wahlheimatstadt abgehen – Alle! Im Jahr 2012 begann er das Projekt und lief über 15 000 Kilometer über das Pflaster von New York Citys fünf Stadtteilen. Er gab seinen Job, seine Beziehung und seine Wohnung auf. Sein sechsjähriges Wanderleben finanzierte der Mega-Flaneur über Spenden an sein Blog „I’m just walking“ und er lebte in den Wohnungen von Freunden und Förderern, schlief auf Sofas, Billardtischen oder im Keller. Er passte auf dutzende Katzen und ein paar Hunde auf und beobachtete des Leben und Treiben auf der Straße. Jeremy Workman begleitete die Tour mit der Doku-Kamera: Und zeigt eine ganz neue, entschleunigte Sichtweise auf die Stadt, die niemals schläft.

Metropol, tgl. 16.45 Uhr (Mi. im engl. OmU)

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