Crashtest für Mozarts „Figaro“

Die Oper, inszeniert als quirliges Schauspiel mit Musik im Kleinen Haus, kann musikalisch nicht überzeugen.

Düsseldorf. Die Idee der Rückverwandlung einer auf einem Schauspiel basierenden Oper in ein Theaterstück will zunächst absurd erscheinen. Im Falle von Mozarts „Figaro“ könnte man ja gleich auf das Originalstück Beaumarchais’ zurückgreifen. Doch der „Figaro“, der nun im Kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspiels zu erleben ist, geht weit über die Inszenierung von Lorenzo da Pontes Opernlibretto hinaus. Denn Regisseur Markus Bothe setzte nicht nur das Lustspiel, sondern auch Mozarts Musik in Szene, allerdings auf denkbar unorthodoxe Weise.

Freunde des schönen Mozart-Gesangs kommen hier herzlich wenig auf ihre Kosten. Denn Opernsänger gehören nicht zum Team. Und im Sinne der Vokalästhetik besitzt die Sache eher den Charme eines Crashtests. Aber Quirligkeit und Experimentierfreude, mit der das Ensemble die Anverwandlung des Musiktheaters betreibt, besitzen ihren eigenen Zauber. Es geht gleich rasant los mit der virtuosen Ouvertüre — mehrstimmig a cappella gesungen von den gesangstechnisch nicht unbedingt brillanten Darstellern. Da gerät Mozart teilweise in ungeahnte Stockhausen-Nähe.

Musikalisch gelingt dieser „Figaro“ dennoch beeindruckend. Immerhin kann sich Claudia Renner als Gräfin Almaviva in der melancholischen Arie „Porgi, amor“ selbst am Akkordeon begleiten.

Die Arrangements, die Kornelius Heidebrecht konzipierte und von verschiedenen Tasteninstrumenten aus leitete, verlangen den Schauspielern schon Einiges ab. Insbesondere Heidebrecht selbst ist unermüdlich im Einsatz. Er sitzt mal am Cembalo, dann spielt er an einem Klavier, während es zügig durch die Gegend geschoben wird und er mittrippeln muss. Der Musiker ist mit seinem Duo-Partner Henning Beckmann voll in die Szene integriert.

Dieser „Figaro“ bewegt sich temperamentvoll zwischen Musik-, Sprechtheater und Slapstick. Geschmückt mit ihren prächtigen Perücken und Rokoko-Kostümen, agieren die Darsteller schrill und überzeichnend wie Comic-Figuren. Wie die Roben, visualisiert auch das kleine, aber feine Bühnenbild mit glänzendem Parkett und reich verzierter Tapete den Stil des 18. Jahrhunderts.

Aber auch hier gibt es Absonderlichkeiten: In die Wände sind unzählige Geheimtüren eingelassen wie Törchen in einem Adventskalender. Durch die schlüpfen und stolpern, stürmen und fliehen die Figuren in dieser Verwechselungskomödie rund um das Thema Liebe und Eifersucht.

Die Produktion besticht vor allem durch die Verbindung von Groteske und Akrobatik. Es vergeht kaum eine Minute ohne eine waghalsige Kletterpartie. Cherubinos Sprung aus dem Fenster erscheint da noch als die leichteste Übung. Etwas verschenkt wird leider die Magie des Schlusses, wo die betrogene Gräfin ihrem abenteuerlustigen Gatten verzeiht. Die noble Stimmung, die Mozart an der Stelle musikalisch erzeugt, geht in der Grellheit der Inszenierung etwas unter.

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