Constantin Trinks: Junger Dirigent will Pathos zulassen

Trinks tritt mit den Düsseldorfer Symphonikern in der Tonhalle auf und erinnert an Musik aus dem Dritten Reich.

Constantin Trinks: Junger Dirigent will Pathos zulassen
Foto: Tonhalle

Düsseldorf. Er gehört zu den gefragtesten deutschen Dirigenten Deutschlands, der aus dem badischen Karlsruhe stammende Dirigent Constantin Trinks. Große Orchester haben ihn, der gestern gerade einmal 39 Jahre alt wurde, als Gastdirigenten ans Haus geholt. So dirigierte er etwa an den Staatsopern Dresden, Wien und München.

Tonhallen-Intendant Michael Becker hat schon vor drei Jahren angefragt: Jetzt endlich weilt Trinks, ein adretter, freundlich und nachdenklich wirkender Herr mit sportlicher Figur, in Düsseldorf und probt mit den Symphonikern das Programm für den kommenden Konzert-Zyklus mit Anton Bruckners Messe f-Moll sowie Werken von Karl Amadeus Hartmann und Paul Graener.

„Ich hab schon beim ersten Anspielen der Partitur zu Hause am Klavier ein wenig Gänsehaut bekommen“, sagt Trinks mit leicht badischem Akzent über die erste Seh- und Hör-Begegnung mit den Noten von Graeners Komposition „Feierliche Stunde“, das hiesige Städtische Orchester 1938, also zur Zeit der Nazi-Herrschaft an Richard Wagners Geburtstag uraufgeführt hatten.

„O Gott, wie macht man das?“ habe er sich beklommen gefragt. „Soll man das distanziert spielen, oder das etwas hohle Pathos zulassen?“ Er habe sich für die zweite Variante entschieden. „Wenn man solch ein hymnisches und in Anführungszeichen weihevolles Stück kühl und distanziert spielt, kann man es gleich lassen.“

Also darf sich der Besucher auf den Sound des Dritten Reichs gefasst machen. Das Stück steht freilich nicht seiner selbst willen auf dem Programm, sondern im Rahmen der Auseinandersetzung der Düsseldorfer Symphoniker mit der eigenen Geschichte, zu der ja auch die zwölfjährige Periode nationalsozialistischer Konformität gehört.

„Ich habe mir das Stück nicht ausgesucht“, erklärt Trinks. Auf seinem Wunschzettel habe zunächst mal nur „Bruckner“ gestanden. Denn Bruckners Musik gehöre neben der von Richard Wagner und Richard Strauss zu seinen künstlerischen Schwerpunkten.

Auch Adolf Hitler mochte Bruckner. Daher bildet seine f-Moll-Messe nicht zufällig einen Baustein fürs Programm. Als Kontrast erklingt die Zweite Symphonie des von den Nazis verfemten Karl Amadeus Hartmann. „Er hat sein Adagio, auf dem die Symphonie basiert, während der Kriegszeit in der Annahme komponiert, dass es niemals aufgeführt werde.“ Der Titel „Adagio“ führe unterdessen in die Irre, da er ein langsames Tempo suggeriere. „Es köchelt schon von Anfang an.“ Die Symphonie stecke voller Ausbrüche und Verzweiflungsschreie.“

Trinks erarbeitet solch selten gespieltes Repertoire keineswegs zum ersten Mal. Erst kürzlich feierte er an der Semperoper in Dresden einen großen Erfolg mit „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“ des tschechischen Komponisten Jaromir Weinberger.

An der Elbe stand ihm mit der Dresdner Staatskapelle eines des besten Orchester der Bundesrepublik zur Verfügung. Doch nach der ersten Probe mit den Düsys zeigt er sich hochzufrieden: „Das ist ein souveränes, sehr erfahrenes Orchester.“ Man merke, dass die Symphoniker viel in der Oper spielen. „Die sind daran gewöhnt aufeinander zu hören.“ Das sei gut in einer Situation, in der Flexibilität gefragt sei.

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