Computerviren auf dem Gustaf-Gründgens-Platz

35 Jugendliche boten dem Publikum ein Theatererlebnis über die virtuellen Welten.

Düsseldorf. "Jeruville" heißt die kleine Containerstadt auf dem Gustaf-Gründgens-Platz. Seit Anfang Juni haben dort 35 Jugendliche aus sozial, kulturell und religiös unterschiedlichen Hintergründen an dem Theaterprojekt "Jeruville Vol. 2" gearbeitet, das jetzt Premiere hatte.

Das Publikum auf dem Gründgens-Platz wird bei "Jeruville Vol.2" Teil der Inszenierung, es sitzt nicht beobachtend vor dem Geschehen, sondern flutet zu Vorstellungsbeginn wie eine Woge in die kleine Stadt. Die Zuschauer laufen zwischen den offenen Schiffscontainern umher und sind bei diesem begehbaren Theaterabend Teilnehmer einer Studie: Ein Team von Wissenschaftlern erforscht in Jeruville die Generation Internet.

Diese wird in zwei Gruppen eingeteilt. Zum einen sind da die "Digital Natives", also junge Menschen, die mit dem Internet und sozialen Netzwerken aufgewachsen sind, und so genannte "Digital Immigrants", die zwar die neuen Technologien weitestgehend verstehen und einsetzen, aber eben nicht mit ihnen aufgewachsen sind.

Eine emotionslose Computerstimme schwebt dabei über dem Geschehen, sie weist die jugendlichen Darsteller in den einzelnen Containern an, befragt sie nach ihrem Verhalten im Internet und bestätigt die Speicherung ihrer Daten.

Der Zuschauer muss sich an diese Art Theater erst gewöhnen. Wie im Internet herrscht auch hier eine Überfülle an Information, an akustischen wie visuellen Reizen, und wie im Internet obliegt es der Entscheidung des Einzelnen, was er sehen und an Information erfahren möchte. In einem Container stellt ein Mädchen die Frage "Was passiert mit meinem Facebook-Profil, wenn ich tot bin? Lebt das ewig weiter und bin ich im Netz unsterblich?"

Ein Stück weiter schreit ein junger Cyberkrieger sein Wissen über eine terroristische Internet-Guerilla in die Welt, während sich dicht daneben ein paar weiß gekleidete "Computerviren" durch die Menschenmenge winden. Die Leistungen der jungen Schauspieler sind beeindruckend, die Atmosphäre auf dem Platz ungeheuer dicht. "Jeruville Vol. 2" ist ein Theatererlebnis, das den Zuschauer noch lange nach dem umjubelten Ende beschäftigt.

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