Fotozentrum : „Bundesdeutsches Fotoinstitut“ soll nicht nach Düsseldorf kommen
Düsseldorf/Essen Eine Expertenkommission hat der Kulturstaatsministerin ihr Konzept überreicht. Sie empfiehlt, dass das nationale Fotozentrum in Essen errichtet werden soll. Düsseldorf zeigt sich irritiert.
Das „Bundesdeutsche Fotoinstitut“ soll nicht in Düsseldorf errichtet werden, sondern in Essen. Das hat eine Expertenkommission in Berlin gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters verkündet – und ihr ein knapp 50-seitiges Konzeptpapier überreicht, das sie nun auswerten wird. Dann will sie weitere Schritte zur Umsetzung des Fotoinstituts einleiten. So war es geplant. Monika Grütters hatte im vergangenen Sommer bei einer Podiumsdiskussion in der Berliner Akademie der Künste ihren Plan kundgetan, ein nationales Institut für Fotografie gründen zu wollen. Ihr Anliegen: „Wir brauchen eine zentrale Einrichtung zur Bewahrung unseres visuellen Gedächtnisses“, heißt: das künstlerische Erbe herausragender deutscher Fotografen aufarbeiten, bewahren, erforschen, öffentlich zugänglich machen und vermitteln. Die Kulturstaatsministerin hatte eine Expertenkommission ins Leben gerufen, die ein Konzept zu Inhalt, Kosten und Standort ausarbeiten sollte. Unter der Leitung von Thomas Weski (Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt) wirkten noch drei weitere Foto-Experten mit: Thomas W. Gaehtgens (emeritierter Direktor des Getty Research Institute in Los Angeles), Ute Eskildsen (Fotografin, Kuratorin und Fotohistorikerin) und Katrin Pietsch (Dozentin am internationalen Studiengang Conservation and Restoration of Cultural Heritage; sie ist auf Fotorestaurierung an der Universität Amsterdam spezialisiert). Die vierköpfige Expertenkommission besuchte ein Dreivierteljahr lang Museen und Foto-Sammlungen im In- und Ausland und absolvierte rund 70 Gespräche und Anhörungen mit Vertretern von Museen, Foto-Sammlungen oder Universitäten. Alle Gesprächspartner hätten die Errichtung eines nationalen Fotoinstituts als notwendig erachtet, so Thomas Gaehtgens. Für das Konzept hat die Expertenkommission aber nur diejenigen Städte berücksichtigt, die sich für ein Fotoinstitut beworben hätten. Das waren nur drei: Essen, Düsseldorf und Ulm.
Warum empfiehlt das Fachgremium Essen als Standort?
Zunächst fördere die Ruhrgebietsstadt schon lange die Fotografie. Das Historische Archiv Krupp verfügt über rund 2,5 Millionen Bilder, das Fotoarchiv des Ruhr Museums besitzt etwa vier Millionen Negative, einige Zehntausend Abzüge und Dias sowie Fotografen-Nachlässe, die Fotografische Sammlung im Folkwang Museum zählt 65000 Bilder und an der Folkwang Universität der Künste bringen sechs Fach-Professoren rund 200 Studenten fotografische Theorie und Praxis bei. Jene vier Institutionen wollen nun ein gemeinsames Fotozentrum errichten. Auch ein konkreter Realisierungsplan liegt vor. Es soll laut Konzeptpapier ein „institutsübergreifender Fachbereich für Restaurierung und Konservierung von Fotografie“ mit zwei Planstellen eingerichtet werden. Zudem wolle man in Wissenschaft und Bildung zusammenarbeiten, etwa internationale Symposien veranstalten. Nicht zuletzt soll ein eigenes Medienzentrum aufgebaut werden, wo große Fachbibliotheken zusammengefasst und Materialien digitalisiert werden. Die vier Einrichtungen hätten bereits „konkret und visionär ein Zentrum für Fotografie“ begründet, heißt es im Konzeptpapier.
Düsseldorf zeigt sich irritiert bis empört. Hagen Lippe-Weißenfeld, der als Geschäftsführer der hiesigen Kulturberatungsgesellschaft „Projektschmiede“ das Konzept für ein Düsseldorfer Fotoinstitut mitverantwortet, spricht von einem Affront gegen die Parlamente von Bund und NRW, die am 14. und 15. November 2019 gemeinsam 83 Millionen Euro für ein Düsseldorfer Foto-Zentrum bewilligt hatten. Doch genau jene „unerwartete Schützenhilfe“ bedauert Monika Grütters. Düsseldorf hätte auf die Entscheidung der Experten warten sollen, wofür Bundes- und Landesgelder ausgegeben werden, schon im Interesse der Steuerzahler, sagte die Kulturstaatsministerin in Berlin. Als Retourkutsche für den Alleingang der Düsseldorfer Fraktion um Fotokünstler Andreas Gursky ist die Entscheidung für Essen als Standort für ein nationales Fotozentrum allerdings nicht zu verstehen. Grütters regt an, dass beide Städte kooperieren sollten, nicht nur weil sie 45 Kilometer voneinander entfernt lägen. Allerdings handelt es sich beim Plädoyer für Essen nur um eine Empfehlung. Ob die 83 Millionen Euro nun nach Essen gehen, entscheiden schlussendlich Bundestag und Landtag NRW. Monika Grütters wünscht sich jedenfalls, dass die Realisierung des Fotoinstituts nun schnell voranschreitet.