Breakdance trifft Bach: Da steht die Tonhalle kopf

Die „Flying Steps“ gastieren noch bis Samstag in Düsseldorf. Die Premiere am Mittwoch riss das Publikum von den Sitzen.

Düsseldorf. Endlich sind sie da. Die sechs Jungs, die sich mit Breakdance ihren Reim auf das „Wohltemperierte Klavier“ von Bach machen. Die Flying Steps sind auf Europa-Tournee, von Ankara bis Zürich. Nun entfachen die vierfachen Weltmeister auch am Rhein ein wahres Breakdance-Fieber. Zumindest bei der Premiere stand die Tonhalle am Mittwoch Kopf.

In Baseball-Kappen, Sneakers, T-Shirts und weiten Hosen feierten knapp 1400 Amateur-Breakdancer, Hip-Hopper und solche, die’s noch werden wollen, die Berliner Akrobaten. Pfeifen, Johlen und stehende Ovationen belohnten die lässigen Tänzer am Ende mit artistischen Zugaben. Für viele hätte es Stunden so weiter gehen können, doch der Mazedonier Gengis, der Schweizer Benny und der in Berlin geborene Khaled waren nach 70 Minuten der Erschöpfung nah.

Die Flying Bach-Show, in der sie jeden Takt und jeden Triller sichtbar machen — im rasenden Presto oder gedehnten Adagio — war in Teilen bereits in diesem Jahr beim Eurovision Song Contest zu sehen. Und machte Furore. Doch dieses Gastspiel sprach sich auch bei Klassikfans herum; denn schon 2010 erhielten die „Fliegenden Schritte“ für ihre spektakuläre Show nicht etwa einen Pop-Musikpreis, sondern den Echo-Klassik.

Gemeinsam feierten daher jetzt mehrere Generationen die erfrischende Verbindung zwischen ehemaliger Straßen- und hehrer Hochkultur. In dem ‚fliegenden Bach’ rucken und zucken sie im Takt von Klavier und Cembalo mit Armen und Beinen, moonwalken, drehen minutenlang Pirouetten — stehen dabei auf dem Kopf, auf einer Schulter oder nur auf einer Hand. Oder sie verdrehen und spreizen ihre Beine in atemberaubendem Tempo — Bewegungen, die an Windmühlen oder Schiffsschrauben erinnern.

Für Düsseldorf waren zunächst nur zwei Abende vorgesehen. Doch nach dem Auftakt im August in Bonn stiegen die Schwarzmarktpreise in hohe dreistellige Zahlen. Um Preistreiberei zu verhindern, entschied sich Tonhallen-Betriebsdirektor Martin Witkowski zwei weitere Termine anzusetzen. Folge: Auch diese Vorstellungen waren im Nu ausverkauft.

Der besondere Reiz in der Tonhalle liegt in ihrer ausgetüftelten Lichtregie. Zunächst treten die Breakdancer in mitternachtsblauer Kulisse auf, die sich in der Liebesszene zwischen einer Ballerina und dem Pirouettenwunder Khaled plötzlich in einen glitzernden Sternenhimmel verwandelt. Im Finale, bei Bachs majestätischer Orgel-Toccata und Fuge, wirbeln sie in einer finsteren Kathedrale, die spärlich von einem Lichterkranz in der Kuppel beleuchtet wird.

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