Peter Schwickerath Der Profiteur einer Brücken-Verschiebung

Düsseldorf · Der Bildhauer aus Lohausen ist bekannt für seine Arbeiten aus Eisen und Stahl. Obwohl er nie eine Lehre oder ein Studium abschloss, wurde er erfolgreich.

 Die Skulptur „Durchdringung“ von Peter Schwickerath steht in Oberkassel neben der Oberkasseler Brücke.

Die Skulptur „Durchdringung“ von Peter Schwickerath steht in Oberkassel neben der Oberkasseler Brücke.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Am 7. und 8. April 1976 wurde die Oberkasseler Brücke in einer Länge von 591 Metern und einem Gewicht von 12 500 Tonnen um 47,5 Meter stromabwärts verschoben. Der Mittelpylon trug dabei 80 Prozent des Gesamtgewichts der Brücke. Der technische Vorgang war in dieser Größenordnung bislang einmalig. Das Ingenieurbüro Martin Grassl aus Düsseldorf erlebte einen Karriere-Sprung. Baudezernent Friedrich Tamms und Abteilungsleiter Erwin Beyer nahmen auf den Fotos eine Siegerpose ein. Aber es gab auch ein „Abfallprodukt“, das Kunstwerk „Durchdringung“ von Peter Schwickerath.

In den 1970er Jahren konnten die Architekten noch ziemlich präzise kalkulieren. So kam der Bildhauer aus Düsseldorf zu seinem Glück. „Meine Skulptur in Edelstahl wurde aus dem Etat der Brücke bezahlt“, sagt er nicht ohne Stolz. Die Aufstellung erfolgte 1978, als auch die Brückenrampen wieder begrünt waren. Der Standort ist ideal. Jeder Autofahrer, jeder Fahrgast in der Straßenbahn und jeder Fußgänger, der vom Linksrheinischen ins Rechtsrheinische will, wirft einen Blick auf das Werk.

Schwickerath hatte keinen Auftrag erhalten. Er pocht darauf, er sei sein eigener Auftraggeber gewesen. Die Skulptur war schon da. Sie wurde in der Winterausstellung gezeigt und angekauft. So kam übrigens auch das lachende U von Fritz Schwegler für den Betrag von 30 000 Mark in den Besitz der Stadt. Wie teuer Schwickeraths Skulptur an der Brückenrampe war, kann der Künstler nicht mehr genau sagen. Aber viel mehr als das Salär für Schwegler sei es wohl nicht gewesen.

Zwei Edelstahlrohre sind es, jedes mit einer Aussparung in der Mitte. Spaziergänger rätseln oft, wie sie zwischen der sich neigenden und der sich beugenden Form eine Verbindung herstellen könnten. Merkwürdig nur, wie die Höhlen in beiden Teilen aufeinander bezogen sind. Der Fachmann: „Es sind zwei zylindrische Körper, die eine gemeinsame Bohrung haben, die beide verbinden.“ Beim Entwurf dachte er an drei runde Körper, wobei sich der dritte schräg durch die beiden anderen schiebt. Die dritte Röhre ließ er weg, sie ist nur imaginär vorhanden.

Seit dem ersten Ankauf durch die Stadt ist der Künstler aus Lohausen ein gefragter Mann. Zum 700. Stadtjubiläum 1988 gab es 400 000 Mark, eine stattliche Summe für Kunst am Bau, wobei alle lokalen Künstler mitmachen konnten. Günther Cremers, Vorsitzender des Vereins zur Veranstaltung von Kunstausstellungen und zeitweilig auch als SPD-Mann Mitglied im Kulturausschuss, handelte nach dem Gießkannenprinzip. Jeder, der wollte und konnte, durfte etwas vorschlagen. Cremers beauftragte von sich aus das Vereinsmitglied Schwickerath mit der Organisation der Open-Air-Veranstaltung. Zum ersten Mal kam die Kunstachse vom „Carschhaus bis zum Ehrenhof“ ins Gespräch, als ein 1,5 Kilometer langer Skulpturenweg. Eine Jury gab es nicht. Schwickerath meint rückblickend: „Wir achteten lediglich darauf, ob etwas geht oder nicht geht.“ Er selbst steuerte eine brutalistische „Flächendurchdringung“ bei, die im Foto wie ein Hindernis im Ehrenhof-Parcours wirkt.

Vor allem im Norden von Düsseldorf ist Schwickerath eine bekannte Figur. Auf der Lantzallee in Lohausen wurde er 1942 als eines von acht Kindern geboren. Der Vater bestimmte für ihn den Ingenieurberuf. Über einige Industrie-Praktika kam der Filius allerdings nicht hinaus. Er versuchte es in der Folkwang-Schule in Essen, wechselte zum Steinbildhauer Curt Beckmann nach Düsseldorf, landete für zwei Jahre an der Kunstakademie bei Kricke und Sieler und machte sich 1968 selbstständig. Zum Geldverdienen jobbte er auf dem Friedhof und führte Arbeiten aus, die der Steinmetzmeister nicht machen wollte. Ohne Lehre und ohne abgeschlossenes Studium wurde er erfolgreich und erklärt: „Wenn man etwas will, dann lernt man es auch.“

Seit 1987 steht seine rostige „Knickung“ mitten im Nordpark. 2014 kam am Rand der denkmalgeschützten Ruine der Kaiserpfalz die Cortenstahl-Arbeit „Im Kontext“ hinzu. Damals erklärte er dem Förderverein Kaiserpfalz und dem unbenannt bleibenden Sponsor, wie er Material-sparend arbeitet. Aus normalem Baustahl in 25 Zentimeter Dicke schnitt ihm eine massive Stahlbramme nach seinem Modell die Bögen aus, wobei er auf den geringstmöglichen Verschnitt achtete.

Inzwischen ist er perfekt im Organisieren und Dirigieren seiner geometrisch konzipierten Großskulpturen. Man findet sie sogar in Uruguay, wo sein Sohn lebt, in der Sammlung Punta del Este. Natürlich ist er auch im Lantz‘schen Park dabei. „Dreiteilige Vertikale“ nennt sich sein Werk aus Doppel-T-Trägern von 2014, das seit 2019 im Park steht.

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