Düsseldorfer Schauspielhaus Beelitz: Der Zeitplan ist zu eng

Das Schauspiel zieht zum Jahreswechsel ins Central. Der Intendant bezweifelt, dass am Gründgens-Platz 2016 gespielt werden kann.

Günther Beelitz glaubt, dass es mit der Rückkehr ins Schauspielhaus im November 2016 eng wird.

Günther Beelitz glaubt, dass es mit der Rückkehr ins Schauspielhaus im November 2016 eng wird.

Düsseldorf. Günther Beelitz steckt im Stau. Die Baustelle rund um den Gründgens-Platz fordert den Schauspiel-Intendanten als Autofahrer heraus. Immer wieder wählt er neue Routen, um sich den Weg zu bahnen. Immer wieder wird er ausgebremst. In seinem Job ist es nicht anders. Beelitz ist unterwegs zum Central am Hauptbahnhof. Zurzeit ist das die Probebühne des Theaters, ab Januar will er dort täglich auf zwei Bühnen für maximal 600 Zuschauer gleichzeitig spielen. Im Schauspielhaus läuft dann die Sanierung. Sein Nachfolger Wilfried Schulz soll starten können, ohne dass die Heizung ausfällt oder Wasserrohre bersten. Der entscheidende Termin für den Neustart: November 2016.

„Der Zeitplan ist so eng, dass er zu eng ist“, sagt Beelitz. Er wolle nichts beschreien, aber aktuelle Verzögerungen beim Verkauf der Flächen rund um den Gründgens-Platz machten alles noch schwieriger. Zudem hat er erst vor wenigen Tagen erfahren, dass für die Sanierung das gesamte Schauspielhaus geräumt werden muss. Seine mehr als 350 Mitarbeiter brauchen einen neuen Platz. Wie es aussieht, werden sie ins ehemalige Ballett-haus nach Oberkassel umziehen. Ein anderer Teil arbeitet dann im Central. „Es hängt eben alles mit allem zusammen“, beschreibt er die unübersichtliche Lage. Sollte im Herbst 2016 die Tiefgarage am Gründgens-Platz nicht fertig sein — was in dieser Woche der Planungsdezernent als mögliches Szenario eingeräumt hat, hält der krisengewöhnte 76-Jährige einen Spielbetrieb für unmöglich. „Keiner weiß im Augenblick, ob die extrem enge Zeitschiene zu halten ist.“

Im Central angekommen landet Beelitz — auf einer Baustelle. Er steht auf der gläsernen Brücke der ehemaligen Paketpost, die nach seiner Vorstellung schon in wenigen Monaten „der längste Laufsteg der Welt“ sein soll. In diesem Foyer sollen sich die Düsseldorfer Zuschauer beim Theaterbesuch selbst in Szene setzen können. Schön ausgeleuchtet und von außen sichtbar. Er hat eine Vision: „Das soll der coolste Ort der Stadt werden.“

Dennoch hält er mit seinen Zweifeln nicht hinterm Berg. Es werde schwierig, die Besucher zu dieser Spielstätte zu bewegen. „Der Pfau-Bau am Gründgens-Platz ist das schönste Theater der Welt. Repräsentation spielt in Düsseldorf eine große Rolle.“ Unter der ehemaligen Intendantin Amélie Niermeyer, die das Central nutzte, als 2010 das Schauspielhaus schon einmal geschlossen und saniert werden musste, seien die Zuschauer nicht gerade zahlreich gekommen. Einen Schub wünscht er sich für den Auftakt im Central und hat dafür Brecht gewählt. Unter dem Motto „Brecht auf“ bietet er ein Festival mit „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, „Kleinbürgerhochzeit“ und „Flüchtlingsgespräche“. Beelitz: „Aktueller geht es nicht.“

Beim Rundgang schwankt der Theatermann zwischen Begeisterung für die Möglichkeiten auf den 13500 Quadratmetern — als Probebühne und Werkstatt ein einmaliger Ort in Deutschland — und Empörung, welche Hindernisse es noch alles zu überwinden gilt. Es ist Beelitz letzte Spielzeit als Intendant. Danach will er — wie er es nennt — in Altersteilzeit gehen. Diese letzte Spielzeit sei in seiner Laufbahn als Intendant auch die schwierigste, gibt er zu.

Dass Weihnachten wohl eher ausfällt und stattdessen im Central unter Hochdruck gearbeitet werden muss, damit rechnet er schon jetzt. Schnell geht es mit dem Auto zurück zum Gründgens-Platz. Beelitz will sich eine Probe ansehen und bedauert, dass er nur etwa ein Drittel seiner Zeit der Kunst widmen kann — alles andere sei Krisenmanagement. Und selbst, wenn man Unmögliche möglich mache bleibe am Ende eine bittere Aussicht: „Ich persönlich empfinde es als Schildbürgerstreich, dass man Dach und Fassade jetzt nicht mitsaniert. So kommt das alles noch einmal auf das Theater zu.“

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