Autor Ralph Dutli: „Meine Droge ist die Sprache“

Dutli verführt seine Leser mit abendländischer Kulturgeschichte.

Autor Ralph Dutli: „Meine Droge ist die Sprache“
Foto: J. M.

Düsseldorf. Dass Papa ein Spinner ist, mit diesem Urteil kann Ralph Dutli leben. Dass seine Söhne Olivier und Boris sich eher für Facebook und Twitter als für abendländische Kulturgeschichte interessieren, wollte der 1954 in der Schweiz geborene Schriftsteller nicht einfach so hinnehmen.

Schmunzelnd erzählt der feingeistige und zugleich leutselige Autor in Düsseldorf von seiner Familie. Seinem ersten Sohn habe er das Buch „Liebe Olive“ und seinem zweiten „Das Lied vom Honig“, was eigentlich „Biene für Boris“ heißen sollte, gewidmet. In beiden beschreibt der Romanist und Russist, wie tief die Wurzeln der Kultur reichen.

Dutli, der Lyriker, Essayist, Übersetzer und Romancier, schlägt große Bögen. 25 Jahre hat er an der zehnbändigen Gesamtausgabe des russischen Dichters Ossip Mandelstam gearbeitet. Ein Mammutprojekt. In dem Roman „Soutines letzte Fahrt“ über den jüdischen Maler Chaim Soutine erzählt er eine, wie er selbst sagt, sich zwischen Dokumentation und Delirium bewegende Biographie, die von Kritikern und Lesern hochgelobt wurde. Für sein Gesamtwerk ist Dutli gestern in Düsseldorf mit dem mit 20 000 Euro dotierten Literaturpreis der Kunst- und Kulturstiftung der Stadtsparkasse Düsseldorf ausgezeichnet worden.

Zwölf Jahre hat der heute in Heidelberg lebende Dutli in Paris nahe dem Friedhof Montparnasse gewohnt, wo er täglich an den Grabstätten der weltberühmten Literaten und Künstler vorbei spazierte. Hier fand er die Inspiration für seine Geschichte über Soutine, der 1943 versteckt in einem Leichenwagen und betäubt mit Morphium in ein Krankenhaus gebracht wurde, um dort ein aufgebrochenes Magengeschwür operieren zu lassen.

Dutli verwebt Fiktionales mit Historischem, Theologisches mit Medizinischem, Tragisches mit Humoristischem. „Ich habe viel über Morphium und Magengeschwüre recherchiert“, sagt er und führt amüsiert aus: „Ich habe damit aber keine eigenen Erfahrungen gemacht. Meine einzige Droge ist die Sprache.“ Mit der lässt er Soutine, der neben großen Zeitgenossen wie Chagall und Modigliani eher einer war, der am Rand stand, in Phantasmagorien auferstehen, die eben auch den großen Bogen der Kulturgeschichte schlagen.

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