Ausstellung: Als Penck von der Polizei entdeckt wurde

Der Künstler aus der Ex-DDR, der im Westen mit Strichmännchen berühmt wurde, erhält eine Retrospektive in der Akademie.

Düsseldorf. Acht Jahre nach seiner Pensionierung erhält Ralf Winkler unter seinem Künstlernamen A. R. Penck eine längst fällige Retrospektive in der Akademie-Galerie am Burgplatz. Wir nehmen dies zum Anlass, einen ungewöhnlichen Mann auf eine persönliche Weise zu porträtieren.

Ende der 80er Jahre lebte er an der Gustav-Poensgen-Straße hinter dem Bahndamm. Die Location hatte ihm sein Freund Jörg Immendorff besorgt, denn von 1989 bis 2005 sollte er die Klasse für Grafik an der Kunstakademie leiten. Er war damals ein freundlicher Mann mit Bart und Kräuselhaar, auffallend war ein ziemlich befleckter, dunkler Jogginganzug — anders als seine Künstlerfreunde Jörg Immendorff und Markus Lüpertz kehrte er gern den Clochard heraus. Im Atelier hantierte er mit Styropor, das damals krümelte und nicht so stabil war.

Penck machte sofort Schlagzeilen bei seinem Einstand in Düsseldorf. Die Polizei fand ihn schlafend auf einer Promenadenbank, einen Backstein in einer Hosentasche als eine Art Hantel, 20 000 DM in der anderen Tasche. Da er keine Papiere bei sich trug, konnte ihn die Polizei nicht einschätzen und nahm ihn mit. Erst sein Galerist Michael Werner aus Köln löste ihn aus.

Werner spielte eine wichtige Rolle im Leben des A. R. Penck. Der Galerist lernte ihn 1965 kennen, brachte seine Bilder über die deutsch-deutsche Grenze und bemühte sich um Ausstellungen in Westeuropa. Zugleich organisierte er die ersten Treffen zwischen Penck und Jörg Immendorff, was durchaus riskant war, denn nach der Ausbürgerung des Liedersängers Wolf Biermann wurde auch Penck vorgeladen und verwarnt.

Jörg und Ralf trafen sich dennoch im Ostberliner Funktionärskaffee Unter den Linden. Immendorff erinnerte sich einmal an diese erste Begegnung: „Das war vollste Stalinismuszeit. Penck kam etwas verspätet und brüllte ganz laut: Rotfront. Alle zuckten. Keiner brüllte da so laut. Ich wollte gerade erklären, wie toll der Maoismus ist, und Penck redete in Science-Fiction. Dann fuhren wir zu seinem Kelleratelier, und auf dem Vorplatz eines Ruinengrundstücks war eine große Steinplatte für Tischtennis. Die Szene habe ich in Café Deutschland, Grenze, 1977, verwendet.“

Im selben Jahr nannte Werner in Köln die erste gemeinsame Schau „Immendorff mal Penck. Penck mal Immendorff“. Am 3. August 1980 wurde Penck ausgebürgert und übersiedelte nach Westdeutschland.

Acht Jahre später war er Professor in Düsseldorf. Die Aufmerksamkeit an seiner Kunst nahm enorm zu, er rückte 1988 im Kunstkompass auf Platz Sieben vor. Im November 1989 erzielte er bis zu 242 000 Dollar für ein Gemälde. Er galt nun als einer der am meisten beachteten deutschen Gegenwartskünstler.

Nun aber kommt eine typische Reaktion des Professors. Da er sich angesichts der Fülle von Ausstellungen wenig um seine Klasse kümmern konnte, beglückte er sie auf andere Weise: Im Juli 1990 mietete er ihnen ein Atelierhaus in der Luisenstraße. Die 21 Studenten und die vier Gäste waren glücklich.

Seit 1968 hat Ralf Winkler das Pseudonym A. R. Penck, um unbehelligt von der Staatsmacht der DDR im Westen auszustellen. Sein Namensgeber Albrecht Penck (1858-1945) war Eiszeitforscher in Dresden. Penck malte ja Männchen wie aus der Höhlenmalerei in der Eiszeit.

Seine Figuren erinnern an ein visuelles Morsealphabet. Sie agieren zuweilen mit Hammer oder Gewehr, bleiben aber stets archetypische Formen. Neuerdings aber wird das Werk malerischer. Der eigene Kopf scheint rot zu glühen, der „Mann im Dschungel“ erstrahlt in einem leuchtenden Grün.

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