Asphalt-Festival in Düsseldorf Ein feiner künstlerischer Mix

Düsseldorf · Im elften Jahr seines Bestehens erwartet das Publikum beim Asphalt-Festival Kunst und Kultur an vielen Spielorten in der Stadt.

 Spielt so ziemlich jede Musikrichtung: die Gruppe Buntspecht.

Spielt so ziemlich jede Musikrichtung: die Gruppe Buntspecht.

Foto: Jonas Hoeschl

(kus) Mit einer knappen Spielzeit von fünf Tagen ist das Asphalt-Festival vor elf Jahren gestartet. Seither ist es kontinuierlich gewachsen – an Zeit, Programm und Publikum. Wenn mit Beginn der Sommerferien die Stadtkultur in den Dornröschenschlaf fällt, nimmt das Festival Fahrt auf. Dann ziehen die künstlerischen Leiter Bojan Vuletic und Christof Seeger-Zurmühlen los, um mit Musik, Theater, Tanz, Lesungen und Ausstellungen die Daheimgebliebenen darauf einzustimmen, empfangen zu wollen, was gesendet wird. Das Publikum soll sich an einem Abend von einem Synthie-Pop-Lüftchen davontragen lassen und an einem anderen in den Krisen der Welt stranden.

Das Programm reicht von Poesie bis zum radikalen Manifest, von Wohlgefühl bis Bestürzung. Die Fragen der Gegenwart geben den Takt vor, sie sind der Ausgangspunkt für die Gestaltung. „In Zeiten von Populismus ist die Demokratie gefährdet. Die Kunst kann zum Umdenken bewegen“, sagt Seeger-Zurmühlen.

In diesem Jahr dauert der Zauber vom 16. Juni bis zum 2. Juli. Wobei dies nicht ganz richtig ist, denn das Team hat eine beinahe feste Spielstätte gefunden. Bis Ende 2024 darf es den ehemaligen Standort des Elektronikfachhandels Conrad an der Oststraße 34 nutzen. Der nennt sich jetzt berlin-mittig-schick „34Ost“. Hinter der 50 Meter langen Fensterfront werden auf 1800 Quadratmetern Veranstaltungen über das Festival hinaus stattfinden.

Das Gebäude gehört heute der Firma Pandion, der die Idee gefällt, die Stadt als Bühne zu bespielen. Sie stellt die frei stehenden Räume unentgeltlich bereit und übernimmt sogar die Betriebskosten. „Besser kann es nicht laufen“, sagt Seeger-Zurmühlen. Am Prinzip, unterschiedliche Orte in der Stadt zu bespielen, halten Vuletic und Seeger-Zurmühlen fest: So ist der nahende Sommer der Künste wieder auf der Seebühne am Schwanenspiegel zu erleben, im Schauspielhaus, im Weltkunstzimmer und in der Privatsammlung Philara.

An diesen Orten der Kunst werden Geschichten über Menschen erzählt. Zum Beispiel die der Opfer des Anschlags am S-Bahnhof Wehrhahn, wo am 27. Juli 2000 um kurz nach 15 Uhr eine Bombe explodierte. Ein ungeborenes Kind stirbt, zehn Menschen werden teils schwer verletzt. Viele von ihnen sind jüdischen Glaubens. Bis heute ist niemand für das Attentat verurteilt worden. Das Theaterkollektiv Pierre Vers, das Seeger-Zurmühlen leitet, geht in der Inszenierung entscheidenden Fragen nach: Wer trägt Schuld? Wo ist die Gerechtigkeit? Erinnerung und Aufklärung drohen in einem schwarzen Loch zu versinken. Das Stück „Dunkeldorf“ hat am 20. Juni im „34Ost“ Premiere.

Ein zentrales Thema des Festivals ist der Angriff Russlands auf die Ukraine. Die Asphalt-Leitung hat ukrainische Künstler eingeladen wie den Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Serhij Zhadan und die Kiewer Musikerinnen Dakh Daughter. Ihr künstlerisches Selbstverständnis ist seit dem Krieg untrennbar mit Protest verknüpft. Die Frauenband Dakh Daughter bot bereits im vergangenen August anlässlich des Unabhängigkeitstages der Ukraine im Schumannsaal einen grandiosen Abend. Die Frauen touren durch die ganze Welt und demonstrieren, wie aus Kunst musikalischer Widerstand werden kann. Am 29. und 30. Juni sind sie im Weltkunstzimmer zu erleben.

Stefanie Sargnagel, die mit einer Theaterproduktion und als Vorleserin beim Festival dabei sein wird, ist in ihrer Vehemenz den Dakh Daughters eine Schwester im Geiste. Die krawallige Autorin aus Österreich gibt nichts als die Wahrheit von sich, wenn sie über jene herzieht, die der Freiheit und der Menschlichkeit im Wege stehen. Sie meint immer, was sie sagt, und ist dabei irre komisch. Sargnagels Theaterstück ist am 27. und 28. Juni im Weltkunstzimmer zu sehen, sie selbst tritt am 26. Juni auf der Seebühne auf.

Die Seebühne im Schwanenspiegel ist zweifelsohne der idyllischste Spielort, wie er so daliegt mitten im Grünen, den Blick auf die feinste Stadtkulisse freigebend. Jazzpianist Omer Klein eröffnet dort am 16. Juni das Festival.

Ihm folgen im weiteren Spielzeitverlauf unter anderem Fheels aus Hamburg mit Alternativ-Rock, Tofa Jaxx mit Neo Soul, Elektro und Afro-Fusion, Dalila Kayros mit elegischem Indie-Pop; Pink Oculus serviert Hip-Hop und Buntspecht (aus dem Hause Sargnagel) liefert von Bossa Nova bis Folk alles, was „sechs betrunkene Seiltänzer aus Wien“ eben zu liefern vermögen. Tickets für alles gibt es ab sofort.

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