Adam Fischer: Ein perfekter Orchester-Leiter

Gastdirigent Adam Fischer empfiehlt sich: Er zeigt mit Mozarts Requiem, wie fein die Symphoniker musizieren können.

Adam Fischer: Ein perfekter Orchester-Leiter
Foto: Lukas Beck

Düsseldorf. Auf Gastdirigenten muss jetzt achtgegeben werden. Denn einer von ihnen könnte ab der Saison 2015/2016 der neue Generalmusikdirektor der Düsseldorfer Symphoniker sein. Beim Konzert der Düsys in Gedenken an die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Sinti und Roma wurde der ungarische Altmeister Adam Fischer (65) gewonnen.

Der Spezialist für Wiener Klassik dirigierte im Mendelssohn-Saal der Tonhalle das Requiem Wolfgang Amadeus Mozarts. Fischer dirigierte zum ersten Mal die Düsys. Doch wirkte es, als verbinde ihn und das Orchester lange gemeinsame Erfahrung beim Musizieren, so harmonisch und differenziert gelang das Miteinander. Dem Vernehmen nach muss auch die Chemie bei den Proben gestimmt haben und Gerüchten zufolge wünschen sich manche Orchestermitglieder Fischer als neuen Chef.

Ob er sich auf der Liste der Kandidaten befindet, ließ sich nicht ermitteln, da sich alle an der Findung Beteiligten Verschwiegenheit auferlegten. Doch eins ist klar. Einen so klanglich erlesenen und ausdrucksstarken Mozart haben die Symphoniker schon lange nicht mehr hingelegt. Schon der Anfang gelang transparent und präzise. Trotz des straffen Tempos, das Fischer vorgab, entstand jene andächtige Ruhe, die beim Beginn einer Totenmesse geboten ist. Zudem zeigte sich der Chor des Städtischen Musikvereins von seiner besten Seite mit einem manchmal zwar etwas zu vollen, aber kultivierten Vokalklang.

Als Glücksgriff erwiesen sich auch die vier Gesangssolisten. Heidi Elisabeth Meier bezauberte durch einen wunderbar leuchtenden Sopran, Altistin Jordanka Milkova ließ mit weichem bronzenem Timbre aufhorchen, Uwe Stickerts strahlender Tenor beeindruckte kolossal, und Torben Jürgens nahm als nobler, textverständlicher Bass für sich ein. In Ensemble-Passagen nahm sich jeder so zurück, dass schönste Homogenität entstand.

Der Abend war unteressen mehr als reines Gedenk-Ritual: Er hatte eine musikalische wie geistige Botschaft. Das „Dies irae“ (Tag des Zorns beim Jüngsten Gericht) brachten die Ausführenden nicht die bekannte Drohkulisse der katholischen Kirche zum Ausdruck, sondern eine Art menschliche Wut und Empörung über die Gräuel auf der Welt. Hier mündete innere Erregung in furiosem Klang. Der Dirigent trat nicht als musikalischer Dienstleister auf, sondern als jemand, dem das Dirigieren von Mozarts Requiem zum Anlass des Gedenkens eine Herzensangelegenheit ist. Er habe als Zwölfjähriger zum ersten Mal ein Bild von verbrannten Kindern gesehen, sagte er in seiner Ansprache vor dem Konzert. Die Erschütterung wirke in ihm nach. Mit dem Konzert wolle er einen kleinen Beitrag zur Erinnerungskultur leisten.

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